Seit Oktober 2013 kam es vermehrt zu einer Vielzahl von professionellen
Taschendiebstählen in den Fußgängerzonen und Geschäften bayerischer Innenstädte.
Gezielte Lageauswertungen ergaben, dass hiervon auch Städte des
Polizeipräsidiums Oberbayern Nord betroffen waren. Die Ermittlungen der
Polizeiinspektionen Freising und Ingolstadt konkretisierten sich dabei auf zwei
weibliche Täterinnen. Eine der beiden Frauen konnte mehrfach bei
Geldabhebevorgängen von Überwachungskameras der Geldinstitute aufgezeichnet
werden. Diese Aufnahmen führten schließlich zur Identifizierung einer
29-jährigen Tatverdächtigen mit bulgarischer Staatsangehörigkeit. Allerdings war
es nicht möglich den Aufenthaltsort der reisefreudigen Frau zu ermitteln.
Nachdem sich die Taten der zwei Diebinnen in den Fußgängerzonen stets auf
Wochentage und weitgehend auf die Tatzeiträume zwischen 10:00 Uhr und 14:30 Uhr
beschränkten, setzte die Polizei mit einem konkreten Fahndungskonzept nach.
Verglichen mit verschiedenen Personenbeschreibungen und Bildern der
Überwachungskameras gelang es den Freisinger Fahndern am 27. Mai 2015 die zwei
weiblichen Tatverdächtigen im Alter von 19 und 29 Jahren in der Innenstadt
festzunehmen. Dabei konnte bei der 29-jährigen Bulgarin ein am Vormittag
gestohlener Geldbeutel mit 350 Euro Bargeld sichergestellt werden.
Die
beiden Frauen wurden am darauffolgenden Tag auf Antrag der Staatsanwaltschaft
Landshut dem zuständigen Haftrichter vorgeführt. Gegen die beiden Trickdiebinnen
erging Haftbefehl.
Wie die Ermittler der Polizeiinspektion Ingolstadt
herausfanden, reisten die beiden Frauen für ihre Diebestour aus ihrem Heimatland
häufig mit dem Zug in Ingolstadt an und konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf
Handtaschendiebstähle weiblicher Kunden, die zum Einkaufen im Innenstadtbereich
der Ludwig-, Mauth- und Moritzstraße sowie am Parade- und Rathausplatz in
Ingolstadt unterwegs waren.
Skrupellos bedienten sie sich der an
Kinderwagen, Rollatoren oder auch am Körper herunterhängenden, teils ge- und
verschlossenen Einkaufs- und Handtaschen. Durch geschicktes und
hochprofessionelles Vorgehen gelang es ihnen oftmals unbemerkt Geldbörsen zu
entwenden und kurze Zeit danach die darin befindlichen Zahlungskarten mit
mitgeführter PIN bei Geldinstituten einzusetzen, noch bevor die Opfer den
Verlust bemerkten.
So räumte die 29-jährige Bulgarin bei ihrer
polizeilichen Vernehmung insgesamt 100 begangene Straftaten ein. Die
Dunkelziffer jedoch dürfte weit höher liegen. In Ingolstadt konnten dem
Diebespaar insgesamt 45 Taten zugeordnet werden. Der Diebstahlsschaden beziffert
sich hierbei auf knapp 5.000 Euro. Bislang konnten der 29-Jährigen fünf
Geldabhebungen mit zuvor gestohlenen Karten in Ingolstadt nachgewiesen werden.
Der Abhebeschaden beziffert sich hier ebenfalls auf fast 5.000 Euro.
Mit welchen dreisten Maschen die beiden Frauen in Bayern über mehrere Monate
unterwegs waren, sollen die nachfolgenden aus der Ingolstädter Serie stammenden
Fälle veranschaulichen:
Anrempeln:
Als eine
71-jährige Rentnerin am 08. April einen Drogeriemarkt in der Ludwigstraße
verließ, wurde sie von einer unbekannten Person angerempelt. Zunächst dachte
sich die ältere Frau nichts dabei, kurze Zeit später stellte sie fest, dass ihre
Tasche offen stand und ihre darin verstaute Geldbörse fehlte. Die mit
Magnetverschluss versehene Tasche war für die Trickdiebin leicht unbemerkt zu
öffnen.
Kinderwagen/Rollatoren:
Mütter mit
Kinderwagen und ältere Menschen mit Rollatoren hängen gerne ihre Handtaschen an
die Schiebevorrichtung ihrer Wägen und werden deshalb gerne als Opfer von
Trickdiebinnen ins Visier genommen. So berichtet beispielsweise eine 39-jährige
Mutter bei der Anzeigeerstattung, dass sie während eines Einkaufs im April in
einem Ingolstädter Bekleidungsgeschäft in der Fußgängerzone ihre Handtasche aus
praktischen Gründen am Kinderwagen befestigte, um sich so besser die Ware
ansehen zu können. Als sie wenige Zeit später an der Kasse bezahlen wollte
stellte sie fest, dass ihre Handtasche geöffnet war und die darin befindliche
Geldbörse fehlte.
Menschenmenge/Ablenkung:
Als eine
51-jährige Eichstätterin ihren Einkaufsbummel im Januar in Ingolstadt schon fast
beendet hatte, begab sie sich noch kurz in die Kosmetikabteilung eines
Innenstadtdrogeriemarktes, um sich zu ein paar speziellen Produkten beraten zu
lassen. Während des Gespräches mit der Verkäuferin standen mehrere Jugendliche
um sie herum, erinnert sich die Anzeigeerstatterin. Ohne etwas zu kaufen,
verließ sie den Laden. Erst als sie am Folgetag ihre Handtasche wieder öffnete
stellte sie fest, dass die mit Reißverschluss verschlossene Innentasche geöffnet
war und das darin befindliche Etui fehlte. In ihrer Vernehmung am 17. Juni
konnte sich die Geschädigte noch ziemlich genau an drei Jugendliche erinnern,
die ihr während des Beratungsgesprächs nicht von der Seite wichen. Über eine von
ihr abgegebene Personenbeschreibung konnte die 19-Jährige inzwischen
festgenommene Bulgarin identifiziert werden.
Trickdiebe nutzen sorgloses
und unachtsames Verhalten oder die Hilfsbereitschaft ihrer Opfer aus
Die Polizei rät:
- Rechnen Sie vor allem in Menschenmengen
wie Kassenbereichen, Fußgängerzonen, Bahnhöfen, Bushaltestellen und dergleichen
damit, dass Diebe Sie ablenken wollen, um Sie zu bestehlen. Bleiben sie
misstrauisch, wenn Sie von Unbekannten angesprochen werden – mit welchen
Anliegen auch immer.
- Tragen Sie, wenn möglich, Wertsachen und Dokumente
nicht in der Handtasche, sondern verteilt am Körper.
- Führen Sie nur so viel
Bargeld mit, wie Sie brauchen
- Notieren Sie sich die Daten Ihrer Geldkarten
und die Gerätenummern Ihrer Mobiltelefone, aber führen Sie diese Daten niemals
mit sich, sondern bewahren Sie sie sicher auf.
- Führen Sie keinesfalls PIN
in ihrer Handtasche mit
- Tragen Sie ihre Hand- oder Umhängetasche stets
verschlossen unter dem Arm geklemmt mit der Verschlussseite zum Körper. In
Geschäften, Fußgängerzonen oder ähnlich belebten Bereichen, sollten Sie auch
Rucksäcke immer verschossen unter dem Arm tragen
- Lassen Sie Gepäck und
Wertsachen nie aus den Augen
- Hängen Sie Ihre Taschen in Restaurants oder
Cafés niemals an die Stuhllehne, sondern legen Sie diese auf Ihren Schoß ab oder
stellen Sie die Tasche zwischen die Beine, fixiert auf den Boden.
Wenn Sie Opfer geworden sind, verständigen Sie umgehend die Polizei über
Notruf 110.
- Machen Sie auf den Dieb aufmerksam und fordern Sie
umstehende Passanten auf, Ihnen zu helfen
- Lassen Sie sofort Ihre Konto- oder
Kreditkarten sperren, wenn diese abhandengekommen sind
- Kümmern Sie sich
auch um Menschen, die bestohlen wurden und bieten Sie Ihnen Hilfe an