Südwestlich der Brauerei Nordbräu liegen zwei Weiher, einer davon ist das ehemalige „Freibad“ von Oberhaunstadt.
von Helmut Schlittenlohr
(hs) Die Sehnsucht nach einem Ort, an dem wir uns auch außerhalb unserer eigenen Wände wohlfühlen und wo wir entspannen können – sie erscheint gerade in Zeiten der Covid-19 Pandemie mit den Einschränkungen der Bewegungsfreiheit stärker als je zuvor. Einen solchen Ort gibt es oft ganz in der Nähe. Die eingesessenen Haunstädter kennen natürlich das „Alte Bad“, wie es genannt wird. Vielen anderen blieb dieser Ort bisher unentdeckt, auch weil er direkt vom Ortskern nur zu Fuß zu erreichen ist.
Gleich südwestlich der Brauerei Nordbräu sind zwei Weiher gelegen, einer davon ist das ehemalige „Freibad“ von Oberhaunstadt. Gelegen zwischen dem Haunstädter Bach, einer Kleingartensiedlung, dem Tiefbrunnen der Brauerei und dem Retzgraben liegt das städtische Grundstück, für das die örtliche Feuerwehr die Aufgabe der Grundstückspflege übernommen hat, um diesen schönen Fleck mit Gewässer und einer Streuobstwiese weiterhin für die Bevölkerung zugänglich zu halten. Welch ein schöner Ort dies ist, beweist auch, dass dieses Stück Natur immer wieder als Motiv für Hochzeitsfotos dient. In den 90er Jahren war sogar ein Foto des „Alten Bades“ im regionalen Sparkassenkalender zu finden.
Die KidF-Feuerwehrgruppe der Haunstädter Wehr nutzt das Gelände für ihre Unternehmungen, beispielsweise für Spiele und Schnitzeljagden. Immer wieder fragen auch Betreuer von örtlichen Jugendgruppen an, ob sie Aktivitäten, wie zum Beispiel ein Ostereiersuchen, auf dem Grundstück abhalten dürfen. Die Aktiven der Freiwilligen Feuerwehr nutzen dieses Grundstück für ihre Vereinsaktivitäten oder das traditionelle Sommernachtsfest.
Die Hütte, die früher als Umkleidekabine für das ehemalige Volksbad errichtet wurde, ist im letzten Jahr dazu auch wieder auf Vordermann gebracht worden. Einige eifrige Vereinsmitglieder kümmern sich um die Pflege und den Unterhalt des Grundstücks, kann Feuerwehrvorstand Klaus Kimmel erfreulich berichten. Im letztes Jahr wurde sogar ein größeres Beet als Blumenwiese für Bienen und Insekten angelegt.
Jedoch gibt es auch immer wieder Rückschläge für das Engagement der Feuerwehrler. So war in den Jahren 2006 und 2013 der ganze Bereich zwischen Retzgraben und Haunstädter Bach, in dem das Alte Bad liegt, derart überschwemmt, dass es einer einzigen Seenlandschaft glich. Die nebenan liegenden Kleingärtner und die Feuerwehrler hatten viel Mühe bei der Beseitigung der Verwüstungen durch das Hochwasser. Leider gibt es auch immer wieder Sachbeschädigungen und weggeworfenen Müll auf dem Grundstück. Allen wird der Zugang und Aufenthalt auf dem Grundstück gewährt, jedoch sollte jeder seinen Müll wieder mitnehmen, so appelliert Vorstand Kimmel.
Große Sorgen hat die Feuerwehr auch wegen der zunehmenden Verschlammung des Gewässers. Schon seit Jahren will man die Stadt als Grundstückseigentümer dazu bewegen der Verschlammung Einhalt zu gebieten und die Zu- und Abläufe des Bades in Ordnung zu bringen. Doch die Feuerwehrler werden von Jahr zu Jahr vertröstet. Die örtliche Feuerwehr bietet zwar ihre aktive Mithilfe an, bei den zuständigen der Stadt stößt man bisher bei diesen Problemen jedoch auf taube Ohren.
Neben der schönen Natur trägt dieses schöne Fleck auch ein wenig zur Ortsgeschichte bei. Der ehemalige Gemeinderat von Oberhaunstadt beschloss im Jahr 1937 ein Volksbad zu errichten, nachdem viele Bürger diesen Wunsch geäußert hatten. Dabei sollte der Zufluss aus dem Haunstädter Bach und der Abfluss in den Retzgraben realisiert werden. Die Haunstädter Bürger wurden aufgerufen, mit dem Spaten anzurücken und gemeinschaftlich mitzuwirken. Mit dem Gut Wittmann einigte sich die Gemeinde auf eine begrenzte Wasserentnahme, da mit dem Wasser des Haunstädter Baches in der alten Mühle noch Strom für die Brauerei erzeugt wurde. Das Volksbad wurde im Jahr 1938 eröffnet und war für viele Bürger aus Haunstadt und aus der nahen Umgebung aus Etting, Lenting und sogar aus Hepberg ein beliebter Ort., an dem sie auch das Schwimmen lernten.
Die gebürtigen Oberhaunstädter Brüder Hans und Adolf Wutz lernten dort, wie so viele ihrer Klassenkameraden, nach dem Krieg in den 1940er Jahren auch dort das Schwimmen. „Wir sind da immer von Eck zu Eck gerudert und haben dadurch das Schwimmen gelernt“ so erzählt Adolf Wutz. Auch der jetzige BZA-Vorsitzende Michael Kraus unternahm dort Ende der 1950er seine erste Schwimmversuche. „Wir sprangen da immer von einem einfachen Holzbrett, das uns als Sprungbrett diente“, so der Unterhaunstädter Michael Kraus, „und hatten damit im Sommer jeden Tag unseren Spaß“.
Da sich aber nach und nach der hygienische Zustand des Mühlbaches verschlechterte - nicht zuletzt durch die intensivierte Landwirtschaft - beschloss der Gemeinderat 1967 das Volksbad nicht mehr weiter zu betreiben und das Gewässer ab 1971 als Fischweiher zu verpachten. Die Zuständigkeit für das Grundstück ging infolge der Gebietsreform 1972 auf die Stadt Ingolstadt über. Von 1971 an war das Grundstück an einen privaten Pächter vergeben und umzäunt, also für die Bevölkerung leider nicht zugänglich, bis bei der anstehenden Pachtverlängerung im Jahr 1981 die örtliche Feuerwehr den Zuschlag erhielt. Seither kümmern sich die Feuerwehrfrauen und -männer aus Haunstadt wieder um die Erhaltung und Pflege des Grundstücks.