Ist die Impfkapazität in Ingolstadt zu niedrig bemessen?



SPD-Stadtrat und Arzt Dr. Anton Böhm sowie sein Kollege Dr. Reinhard Roth hätten gerne bei der Corona-Impfung die Hausärzte mit eingebunden.

Unsere Redaktion erreichte ein offener Brief, der nachfolgend ungekürzt veröffentlicht wird:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Scharpf,
sehr geehrter Herr Orth,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

ab Mitte Dezember soll im Orbansaal das Corona-Impfzentrum für die Stadt Ingolstadt bereit sein, um zusammen mit mobilen Impfteams etwa 250 Personen täglich impfen zu können. Diese Kapazität ist vergleichsweise etwas gering bemessen, könnte aber durch die Zuhilfenahme der niedergelassenen Hausärzte deutlich erhöht werden. Wenn die Grundaufklärung Tage vorher per Video sowie mit Handzettel erfolgt, sollten 250 Covid-Impfungen pro Tag von zwei Ärzten und zwei medizinischen Fachangestellten erledigt werden können. Das zeigt welch großen Hebel wir hätten, würden die Hausärzte zusätzlich mit eingebunden.




Jede Person benötigt voraussichtlich zwei Impfungen. Um eine Durchimpfungsquote von 60 Prozent in Ingolstadt zu erreichen, was als Untergrenze für Herdenimmunität verstanden wird, würde es dann bis zu zwei Jahre dauern. Auch im Vergleich mit anderen Städten und Regionen sind 250 Impfungen pro Tag nicht sehr ambitioniert. Rechnet man die derzeit kommunizierten täglichen Impfziele jeweils auf die Einwohnerzahl Ingolstadts um haben andere Regionen in Deutschland folgende Impfziele: Berlin plant 729 Impfungen pro Tag auf 137.000 Einwohner gerechnet, Hamburg 521, München 418, das Bundesland Hessen 655 oder der Landkreis Kitzingen 383. Das heißt, andere Regionen würden vom Impfziel, wie beispielsweise Berlin, fast um das Dreifache über Ingolstadt liegen.



Unsere Sorge ist in Ingolstadt daher, dass zum einen Heimbewohner und Risikopatienten nicht schnell genug geimpft werden können und es dadurch zu unnötigen Todesopfern kommen könnte. Andererseits gab es bereits Stimmen, dass die Verteilung der Impfstoffe sich auch nach der möglichen Impfgeschwindigkeit richten könnte. Ingolstadt würde sich dann mit einer niedrigen Zielsetzung selbst schaden.



Stattdessen schlagen wir vor neben der Impfkapazität im Orbansaal und neben den mobilen Impfteams, diese Aufgabe auch den Hausärzten zu übertragen. Da selbst der Biontech Impfstoff im Kühlschrank fünf Tage haltbar ist, könnten die Hausärzte beispielsweise täglich am Vormittag den benötigten Impfstoff anmelden, so dass dieser aufgetaut werden kann. Anschließend könnte der Impfstoff im Orbansaal abgeholt werden. Dieser könnte dann im ersten Schritt an die jeweiligen Heimbewohner und Pflegekräfte als wahrscheinliche Prioritätsgruppen ersten Grades geimpft werden, was vermutlich bei ausreichendem Impfstoff innerhalb kürzester Zeit erfolgen könnte.



Im zweiten Schritt könnte gleiches auch für die Risikopatienten zu Hause und in den Praxen erfolgen. Als Hausarztzentren Ingolstadt haben wir bereits jetzt die Abfrage sowohl bei unseren eigenen medizinischen Fachkräften als auch bei unseren Heimbewohnern und Pflegekräften gestartet, wer davon gegen Corona geimpft werden möchte. Wir schlagen vor, dass auch alle anderen hausärztlich tätigen niedergelassenen Ärzte ähnlich noch diese Woche vorgehen, so dass wir sehr schnell den Bedarf in Ingolstadt abschätzen könnten. Im nächsten Schritt könnte man eine ähnliche Abfrage auch bei den Patienten starten und dann diese in Risikopatienten und Nicht-Risikopatienten sortieren, bis endlich genügend Impfstoff für alle angeboten wird.



Der Einsatz der Hausärzte zur Impfung seiner Heimbewohner und Patienten hat zudem einen weiteren Vorteil. So kennt ein Hausarzt den Patienten, dessen Vorerkrankungen sowie dessen Medikation bestens. Mögliche Implikationen mit der Corona-Impfung können daher sehr gut vom Hausarzt beurteilt werden.

Wir bitten Sie und Ihre Verwaltung unseren Vorschlag zu prüfen und stehen auch gerne bereit das weiter mit Ihnen zu diskutieren und auch umzusetzen. Genauso wie Ihnen liegt uns die Gesundheit unserer Bürgerinnen am Herzen.

Viele Grüße

Dr. Anton Böhm, Dr. Reinhard Roth“