Ist Ingolstadt ein Exempel für die knallharte Asylpolitik?

(ir) Für Agnes Krumwiede und Joachim Siebler missachtet die Regierung von Oberbayern das Grundrecht auf soziale Teilhalbe für Asylsuchende.

Die Vorsitzende der Grünen in Oberbayern, Agnes Krumwiede und Joachim Siebler, Sprecher des Ingolstädter Kreisverbandes, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bezirkstag sowie Vertreter im oberbayerischen Regionalbeirat für die Region 10 von Bündnis 90 / DIE GRÜNENV melden sich anlässlich der Neuausrichtung in den „Ingolstädter Rückführungszentren für Balkanflüchtlinge“ zu Wort:
Am Mittwoch berichtete eine Ingolstädter Tageszeitung unter der Überschrift „Integration nicht mehr erwünscht“, dass beim „Ingolstädter Rückführungszentrum für Balkanflüchtlinge“ das Engagement ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer nicht mehr benötigt werde. Auch Sachspenden seien ab sofort nicht mehr erwünscht.
„Die Menschen, die hier ankommen, sind bereits versorgt“, erklärte Ingolstadts Sozialreferent Scheuer gegenüber der Tagezeitung. Für Sprachkurse, die bisher von engagierten Ehrenamtlichen erteilt wurden, sehe Sozialreferent Scheuer „keinen Bedarf“ mehr.

Dies stehe laut Agnes Krumwiede „im Widerspruch zu Aussagen zahlreicher Ehrenamtlicher, die betonen, es bestehe z.B. ein akuter Mangel an Winterkleidung.“

„Sozialreferent Scheuer ruft dazu auf, sich nicht weiter als Freiwillige zu melden. Ist das seine Interpretation der ‚Verabschiedungskultur‘, die sein Namensvetter von der ‚Christlichen‘ Partei auf allen Kanälen verbreitet?“, fragt sich Joachim Siebler.

Für die Koordination der Kinderbetreuung sei nicht mehr die Stadt Ingolstadt, sondern die Regierung von Oberbayern zuständig. Ob im Containerdorf am FCI-Parkplatz sowie an den anderen Standorten weiterhin Kinderbetreuung angeboten wird, ist noch völlig offen.

„Es kann der Eindruck entstehen, dass in Ingolstadt ein Exempel für die knallharte Asylpolitik der Staatsregierung statuiert werden soll. Das derzeit bayernweit größte ‚Abschiebezentrum‘ ist anscheinend als ‚Abschottungszentrum‘ geplant.“ so Agnes Krumwiede.

Keiner könne wissen, ob und wie schnell die Asylsuchenden an den unterschiedlichen Standorten in Ingolstadt tatsächlich abgeschoben werden: „Sollte es in den Unterkünften beim FCI-Parkplatz, an der Marie-Curie-Straße sowie am Audi-Kreisel tatsächlich keinerlei Sprachangebote geben und auch andere Angebote zur sozialen Teilhabe seitens Ingolstädter Bürgerinnen und Bürger abgeblockt werden, wäre dies ein Verstoß gegen unsere Verfassung: Gemäß eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012 ist die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ein Grundrecht. Dieses steht allen Menschen gleichermaßen zu, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Auch jenen Geflüchteten, die in der Mehrzahl wieder in ihre Heimatländer abgeschoben werden, weil sie keinen Anspruch haben auf politisches Asyl. Sprachkurse sind eine elementare Grundlage sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe. Darüber hinaus sind Sprachkompetenzen die Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit. In den Herkunftsländern der allermeisten in Ingolstadt untergebrachten Geflüchteten herrscht bittere Armut und wirtschaftliche Instabilität. Es muss in unser aller Interesse liegen, dass sich die Lebensbedingungen in diesen Ländern verbessern. Wir haben in Ingolstadt genügend qualifizierte Ehrenamtliche, die gerne Sprachunterricht erteilen! Dieses Angebot abzulehnen ist ein Affront gegen das Engagement aller Ehrenamtlichen. Und ein Schlag ins Gesicht jener, die bei uns Schutz suchen vor Elend und Armut und unsere Unterstützung benötigen beim wirtschaftlichen Wiederaufbau ihrer Heimatländer sowie beim Aufbau einer eigenen wirtschaftlichen Existenz.“ so Krumwiede weiter.

Auch Joachim Siebler zeigt wenig Verständnis dafür, den Sprachunterricht durch Ehrenamtliche einzustellen: „Eine gemeinsame Sprache zu finden, ist ein wichtiger Vorgang in der Völkerverständigung. Wenn es Menschen gibt, die sich freiwillig dafür einsetzen, dass andere die Sprache lernen, dann gibt es aus unserer Sicht keinen Grund, dieses Engagement zu unterbinden, ganz gleich wie hoch oder wie niedrig die Perspektive ist, dauerhaft in diesem Land zu leben. Es ist ein völlig falsches Signal, wenn man der Hilfsbereitschaft eine Absage erteilt, denn freiwilliges Engagement kann man nicht beliebig abrufen.“