Das Ingolstädter Klinikum behandelte auf eigene Kosten ein krankes Mädchen aus Angola.
(ir) Die elfjährige Isabel strahlt, als sie Dr. Matthias Bühler entgegengeht. Vor rund neun Monaten schien das fast unvorstellbar. Als sie das erste Mal im Ingolstädter Klinikum war, konnte sie nicht mehr laufen, die Ärzte fürchteten, den rechten Oberschenkel amputieren zu müssen. Doch dem Leiter der Sektion für Septische Chirurgie und seinem Team ist es in mehreren Operationen gelungen, Isabels Bein zu retten. Das Mädchen gehört zu den schwerkranken und verletzten Kindern aus Krisengebieten, denen der Verein „Friedensdorf International“ eine Behandlung in Deutschlang ermöglicht. Den Aufenthalt hat die gemeinnützige Organisation bezahlt, die Behandlungskosten übernahm das Klinikum.
Angola, im Südwesten Afrikas: ein Land geprägt von Armut und Improvisation, viele Menschen leben auf der Straße, müssen im Müll nach Essen suchen. Fließendes Wasser und Strom sind eine Seltenheit. Die Umstände machen sich auch auf dem Gesundheitssektor bemerkbar: Krankheiten werden zu spät erkannt und können häufig nicht entsprechend behandelt werden. So auch im Fall von Isabel: „Sie kam mit einer hämatogenen Knochenentzündung zu uns. Diese entsteht, wenn Bakterien über die Blutbahn in den Knochen gelangen“, erklärt Dr. Bühler. „In vielen Fällen lässt sich diese Erkrankung – frühzeitig erkannt – sehr gut mit Antibiotika behandeln.“ Doch bei Isabel wurde die Krankheit viel zu lang verschleppt. Die Entzündung war schon so stark, dass der Knochen fast zerstört und das Kniegelenk bereits in Mitleidenschaft gezogen war. „Wir haben lange Zeit um Isabels Bein gezittert“, sagt Dr. Bühler. Als Isabel ankam, sei der rechte Oberschenkel von resistenten Bakterien so zersetzt gewesen, dass er und sein Team nicht mit Sicherheit sagen konnten, ob man den Knochen wieder so aufbauen könnte, dass er die Elfjährige trägt. „Es ist uns aber in mehreren Operationen gelungen, zunächst die Entzündungen aus dem Knochen und den Weichteilen zu entfernen und danach den Knochen mit eigenem, wie auch künstlichem, Knochenmaterial aufzufüllen“, erklärt Bühler. Doch nicht nur der Oberschenkelknochen musste repariert werden, auch das Kniegelenk war durch die Entzündung so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass es zwar für immer steif bleiben wird, aber: „es ist uns gelungen, es zu begradigen, so dass Isabel damit wieder laufen kann.“ Zuvor war das kleine Mädchen nicht mal mehr mit den Zehen auf den Boden gekommen, weil das Knie in einer Art rechter Winkel versteift war. Auch der Arm der jungen Patientin war entzündet, das konnten die Ärzte ohne dauerhafte Schäden wieder heilen.
Insgesamt vier Klinikaufenthalte und sieben Operationen waren nötig, um Isabells Bein zu retten, das Knie zu begradigen und den Arm von der Entzündung zu befreien. Ein knappes Jahr war das kleine Mädchen dafür abwechselnd am Klinikum und im Friedensdorf und lebte fernab von Familie und Freunden. „Dafür hat sie sich sehr tapfer geschlagen. Sie ist ein sehr fröhliches Kind und hat wahnsinnig schnell Deutsch gelernt, sodass wir uns gut mir ihr verständigen konnten“, ergänzt Schwester Agnes, die schon lange auf der Kinderstation tätig ist. „Wir hatten in den letzten 18 Jahren immer wieder ähnliche Fälle aus dem Friedensdorf. Da leidet man natürlich am Anfang immer mit den Kindern mit, die so weit weg von zu Hause sind. Umso schöner ist es aber dann, wenn man miterleben kann, wie es Ihnen langsam immer besser geht und sie gesund und mit einer deutlich verbesserten Lebensqualität zurückkehren können.“ Isabel lebt seit wenigen Tagen wieder in der Heim- und Pflegeeinrichtung im Friedensdorf in Oberhausen/Nordrheinwestfalen. Dort erhält sie die noch notwendige Physiotherapie und erholt sich bei Spiel und Spaß mit zirka 180 Kindern aus acht Nationen. Im Herbst wird sie zu ihrer Familie und in ihre Heimat zurückkehren.
Seit 50 Jahren hilft FRIEDENSDORF INTERNATIONAL verletzten und kranken Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten. Kinder werden zur kurzfristigen medizinischen Behandlung nach Europa geholt und weltweite Projekte verbessern die medizinische und humanitäre Versorgung in den Heimatländern. Die friedenspädagogische Arbeit des FRIEDENSDORFES fördert zudem soziales Bewusstsein und Engagement. Finanziert wird diese Arbeit nahezu ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen - sie ist als mildtätig anerkannt und trägt das DZI-Spendensiegel.