Erziehungsberatung Ingolstadt führte Kinder-Feriengruppen-Projekt durch.
(ir) Eine Woche für Kinder von suchtkranken oder psychisch kranken Eltern hat die Erziehungs- und Familienberatung Ingolstadt erstmals in den Herbstferien durchgeführt. „Diese Kinder haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst von Sucht oder psychischer Erkrankung betroffen zu sein. Ihre Entwicklungsbedingungen sind zumindest phasenweise nicht mit den Bedingungen von Kindern in anderen Familien vergleichbar“, erklärt Diplom-Psychologin Johanna Ress. Sie arbeitet bei der von der Caritas und Diakonie getragenen Einrichtung und führt die Gruppe mit Diplom-Sozialpädagogin Vera Schoen durch. „Häufig fehlt es in ihren Familien an Ressourcen unterschiedlicher Art. Neben der Erkrankung eines Elternteils kommen oft noch finanzielle Probleme, Arbeitslosigkeit oder die Trennung der Eltern hinzu“, ergänzt Ress.
Die Erziehungs- und Familienberatung Ingolstadt nimmt sich bereits seit 2002 diesen Kindern an. Unter dem Titel „Nicht von schlechten Eltern“ hat sie bereits regelmäßige therapeutische Gruppen angeboten. Bisher geschah dies aber nur im Alltag in einmal wöchentlich stattfindenden Gruppenstunden. Jetzt wurde das Konzept erstmalig in einem einwöchigen Ferienprogramm mit täglicher Betreuung von 8:00 Uhr bis 15:30 Uhr durchgeführt. Sechs Mädchen und Buben im Grundschulalter nahmen daran teil. „Dieses neue Programm soll insbesondere den Kindern zur Verfügung stehen, die aufgrund der speziellen Familiensituation keine Möglichkeit haben, regelmäßig Therapie- und Beratungstermine wahrzunehmen“, begründet Vera Schoen. Gruppentherapeutische Einheiten werden dabei durch gemeinsame Essens- und Freizeitaktivitäten ergänzt. „So werden auch gleichzeitig die Eltern mal über einen längeren Zeitraum entlastet und können neue Ressourcen für ihre Kinder bilden“, hält Schoen das neue Konzept für vielversprechend.
Das Ferienprogramm erfordert jedoch erheblich höhere finanzielle Anstrengungen als eine wöchentliche Gruppenarbeit. Dass es umgesetzt werden konnte, lag am Rotary Club Ingolstadt, „der das Projekt mit einer äußerst großzügigen Spende unterstützte und so ermöglichte“, zeigt sich Johanna Ress dankbar. So konnte der große Konferenzraum des Caritas-Wohnheims St. Alfons angemietet werden, welcher die Vorgaben des coronabedingt notwendigen Hygienekonzepts erfüllte. Für eine gelungene Kurspremiere sorgte nicht zuletzt die kulinarische Rundum- Versorgung inklusive warmem Mittagsmenü. Durch die finanzielle Spende war es darüber hinaus möglich, für die Dauer der Gruppe eine weitere Betreuungsperson zu beschäftigen: So konnte neben Vera Schoen und Johanna Ress, den beiden hauptamtlichen Mitarbeiterinnen der Erziehungs- und Familienberatung Ingolstadt, mit Teresa Stadler eine weitere Sozialpädagogin die Kinder während der Woche therapeutisch begleiten.
Zudem wurden verschiedene Therapiematerialien für die Gruppe angeschafft. Jedes Kind erhielt das Buch „Annikas andere Welt“, um damit während der Woche zu arbeiten und die darin enthaltenen Informationen mit den Eltern zu Hause auch noch nach Abschluss der Gruppe besprechen zu können. „Während der Woche wurde deutlich, wie viele schlummernde Ressourcen und wie viel Potenzial die Kinder durch eine engmaschige Begleitung und Hilfestellung entfalten können“, zieht Ress ein positives Fazit und ergänzt: „Die Kinder arbeiteten voller Interesse und mit Feuereifer mit und kümmerten sich mit großer Hilfsbereitschaft um andere Gruppenmitglieder. Auch konnten Bewältigungsstrategien für frustrierende Situationen und die Selbstreflexion gefördert werden.“
Mitgewirkt hat an dem Projekt auch Michael Wölcken, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in der Danuvius Klinik: „Er beantwortete den Kindern mit großer Geduld und in kindgerechter Sprache einen Nachmittag lang Fragen über psychische Erkrankungen“, freut sich Vera Schoen. Sowohl durch diesen Austausch als auch durch vorhergehende Übungen in der Gruppe konnten altersgemäße Informationen über die Krankheit der Eltern sowie zentrale Botschaften vermittelt werden: zum Beispiel, dass Kinder nicht schuld an der Situation sind.
Das Ferienprogramm stellte sich für die teilnehmenden Kinder als „intensive Zeit“ dar, in der sie eine persönliche Beziehung zu den Mitarbeitenden der Erziehungsberatung aufbauen konnten. Den Beteiligten werden weiterhin regelmäßig stattfindende Gruppen-Nachtreffen angeboten. Die nächste Feriengruppe wird in den Herbstferien 2021 stattfinden. Daran Interessierte können sich bereits jetzt informieren und anmelden: Erziehungs- und Familienberatung Ingolstadt, Gabelsbergerstraße 46 in 85057 Ingolstadt, Telefonnummer (08 41) 99 35 44-0 und E-Mail an