Wiederaufnahme der Schafbeweidung entlang der Donau im Stadtgebiet Ingolstadt. Schafe als Landschaftspfleger und als „Taxis“ für seltene Arten.
(ir) In früheren Zeiten zogen Wanderschäfer mit ihren großen Herden, die bis zu 1.000 Schafe umfassten, durch Bayern und trugen auch in Ingolstadt zum Erhalt der Kulturlandschaft bei. Beim Schafzug entlang der Donau sorgten Tritt und Verbiss der Schafe für eine dichte Grasnarbe auf den Donaudämmen. Heute erinnern sich nur noch wenige ältere Bürger an die Zeit, wo der Schäfer mit seiner Herde und den Hütehunden im Stadtgebiet Ingolstadt unterwegs war. Durch Vermittlung des Umweltamtes und in enger Abstimmung mit der Donau-Wasserkraft AG und dem Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt als Eigentümer der Dämme beziehungsweise Deiche an der Donau konnte nun wieder ein Wanderschäfer für die Landschaftspflege entlang der Donau gewonnen werden.
Dieser Schäfer zieht, unterstützt von geschulten Hütehunden, mit zirka 200 Schafen und Ziegen von Solnhofen über Wellheim, Pietenfeld und Tauberfeld nach Gerolfing und erreicht in der Woche nach Pfingsten die Donau. Beginnend bei den Magerwiesen in der Schleiferschütt südlich von Gerolfing beweiden die Schafe den nördlichen Donaudamm stromabwärts bis zur Staustufe Ingolstadt und pflegen dort die Magerrasen am Donaupavillon. Beweidet werden auch die Hochwasserschutzdeiche in Haunwöhr sowie zwischen Westlicher Ringstraße und Mitterschüttweg am Baggersee mit der angrenzenden Fohlenweide. Um Schäden an empfindlichen Arten zu vermeiden, werden Bereiche mit bekannten Orchideenvorkommen auf allen Magerrasenflächen vor Beginn der Beweidung durch Auszäunen geschützt.
Bei dem diesjährigen Beweidungsdurchgang handelt es sich um einen „Probelauf“, der durch das europaweite Donauprojekt „Danube Parks connected“ gefördert und finanziert wird.
Voraussetzung für den Erfolg dieser traditionellen Pflegemaßnahme in der Ingolstädter Kulturlandschaft ist auch eine Akzeptanz in der Bevölkerung, vor allem bei Spaziergängern und Radfahrern. Die Begegnung mit 200 Schafen und zwei Hütehunden entlang der Donau kann Anlass zur Freude und Faszination sein, gleichzeitig können aber, vor allem wenn Hunde beim Spazierengehen freilaufen, Konflikte entstehen. Aus diesem Grund wird darum gebeten, Hunde anzuleinen und Verständnis für mögliche kurze Wartezeiten beim Befahren des Donauradwanderweges aufzubringen.
Die Rücksichtnahme lohnt sich, denn mit der Wiederaufnahme der Beweidung wird die Artenvielfalt auf den Dämmen, Deichen und Magerrasen gefördert und ein Beitrag zum Biotopverbund geleistet. Grund dafür ist eine besondere Funktion der Schafe: Sie dienen als „Taxis“ für Pflanzensamen und Insekten, die sie in ihrer Wolle transportieren und beim Rasten abstreifen. Auf natürliche Weise werden damit voneinander isolierte Flächen, wie hier die Magerstandorte an der Donau, vernetzt. Unglaublich, aber wahr: sogar der Schafkot ist naturschutzfachlich bedeutsam, denn er trägt als Lebensraum für spezialisierte Käferarten zur Biodiversität in unserer Stadt bei.