Am Freitag, 20. Januar 2023 trat der Singer-Songwriter im Backstage Club auf.
(ir) Vor dem Konzert überraschte ein Stand der Partei „die Partei“, aber wenn man näher darüber nachdenkt, passt das wunderbar zu Götz Widmann.
Nonchalant betrat er die Bühne in Barfußschuhen, darunter zwei unterschiedlich farbige Socken, ein T-Shirt mit einem Teufel drauf und einer ausgewaschenen Jeans, die ihm eine Nummer zu groß wirkt. Götz Widmann kümmert sich nicht, was andere Leute über ihn denken und gerade das macht ihn unglaublich sympathisch.
Das Publikum ist extrem bunt gewürfelt, von der voll tätowierten Punker-Braut mit Sidecut und Nietenhalsband und dem Verdacht auf Magersucht, bis hin zum frisch gegelten Anzugyuppie mit frisch geputzten Lackschuhen, der gerade frisch aus einer Bank in Feldmoching kommen könnte. Ebenso bunt gewürfelt ist das Altersspektrum, von einem 16-jährigen Burschen mit blauen Haaren bis hin zur etwa 60-jährigen Damen mit deutlich ergrautem Dutt.
Alle vereint sie die lockere Atmosphäre, die auch den anfangs böse dreinblickenden Heavy-Metal-Fan zum Mitsingen und Lachen motiviert.
Das Publikum ist bemerkenswert textsicher, von der ersten Minute an wird lauthals mitgesungen, vom Loblied über eine Artischocke, die Königin aller Distelgewächse, über die falsche moralische Überlegenheit von Vegetariern bis hin über fehlende Verbalisierungen von Geschlechtsteilen. Die Frage ist durchaus berechtigt, im arabischen Sprachgebrauch gibt es bekanntlich fünfhundert Wörter für den Gemütszustand eines Kamels, wie kommt es also zu einfallslosen Wörtern wie Lörres, Lümmel oder Lanze?
Kurz vor der Halbzeit wird ordentlich die Merchandise Werbetrommel gerührt, Götz Widmann hat die Corona-Zwangspause genutzt, und alle alten Alben auf Vinyl gepresst. Dieses Jahr hat gleich zwei Jubiläen für ihn: Zum einen hat er vor vierzig Jahren seinen ersten Joint geraucht und zehn Jahre später gründete er zusammen mit Martin „Kleinti“ Simon die Band Joint Venture.
Der Einfluss des bereits im Jahr 2000 verstorbenen Liedermachers Kleinti belastet Götz Widmann nach wie vor sehr, bei vielen Ansprachen schwingt die Melancholie mit. Neben der Vinyl Alben Releases wartet er auch mit einer zweiten Überraschung auf. Götz Widmann hat ein Kinderhörbuch aufgenommen mit dem Titel „eine Reise um die Welt“, die Songs dazu hat er selbst eingesungen.
Während der Pause hat ein junges Pärchen Probleme bei der Entscheidungsfindung, ob sie für ihr Kind das Kinderhörbuch kaufen sollen, oder lieber noch etwas mehr Bier für den Abend. Götz Widmann zeigt sich aber sozial, er ist Künstler und er möchte Liebe und Freude schenken, darum hat er sich ein Herz gefasst und bietet die Bezahlung per Kreditkarte an.
Nach der Pause zieht das Tempo deutlich an, Götz Widmann hat endlich seine Form gefunden, waren in der ersten Hälfte noch einige Verspieler und Texthänger zu bemerken, läuft die zweite Hälfte deutlich runder und er feuert ein regelrechtes Feuerwerk seiner bekannten Hits ab.
Viele seiner Texte behandeln die die Legalisierung von Drogen, durch die anstehende Legalisierung von Marihuana werden seine Songs laut seinem Verständnis nicht mehr zu politischen Protestsongs, sondern zu demokratieverherrlichende Lobhymnen.
Bei einem Song wird das Publikum zum Arbeiter- und Bauernchor ernannt, er mahnt um eine möglichst proletarische Ausstrahlung, man kann die Dreschflegel und Mistgabeln förmlich spüren.
Als Zugabe hat der Künstler einen Song gespielt, bei dem man ihm etwas von seinem Gras abgeben soll, der Song wurde von einem Unbekannten im Publikum unauffällig geruchlich unterstützt.
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