Sich helfen lassen – je eher, desto besser!



Der Krisendienst Psychiatrie ist an Feiertagen rund um die Uhr erreichbar. Mobile Einsatzteams unterstützen Menschen in der Region in akuten seelischen Notlagen.

(ir) Zeit mit der Familie, gute Gespräche, unerwartete Geschenke und ein feines Essen: Weihnachten ist ein besonders Fest, mit dem viele Hoffnungen und Emotionen verbunden sind. In der COVID-19-Pandemie mit Lockdown und Kontaktbeschränkungen sind solche Erwartungen oft schwer erfüllbar. Menschen, die sich belastet, einsam und verunsichert fühlen, können in seelische Krisen geraten. Unter der Telefonnummer (01 80) 6 55 30 00 bietet der Krisendienst Psychiatrie während der Feiertage rund um die Uhr Hilfe für Menschen in psychischer Not.



„In der Weihnachtszeit sind viele Menschen emotional stark gefordert. Durch die Belastungen der Corona-Pandemie kann die Stimmung auch ins Negative kippen“, erklärt der Leiter der Leitstelle des Krisendienstes Psychiatrie, Dr. Michael Welschehold. „Einsamkeit, die Angst um eigene Ansteckung, die Sorge um vulnerable Angehörige – etwa die Großeltern – oder plötzliche schwere Erkrankung im Zusammenhang mit dem Virus können eine seelische Notlage auslösen. Hinzu kommt, dass das Jahr strapaziös und voller Unwägbarkeiten war. Wir raten deshalb allen Menschen, sich rechtzeitig Hilfe zu holen, wenn sie fühlen, dass sie emotional überfordert sind.“



Auch die Statistik des Krisendienstes Psychiatrie zeigt, dass in der Weihnachtszeit und rund um den Jahreswechsel seelische Krisen verstärkt auftreten können. Im Dezember 2019 hatte die Leitstelle 2458 Telefonkontakte – der höchste Wert im Jahresverlauf. Die Anrufenden benötigten meist aufgrund familiärer Konflikte, dem Gefühl der Einsamkeit und Erschöpfungszuständen Unterstützung. „Der Krisendienst verzeichnet seit Beginn der Pandemie regelmäßig Anrufe von besorgten Menschen. Wegen der Kontaktbeschränkungen und des Lockdowns über Weihnachten rechnen wir damit, dass uns deutlich mehr Menschen brauchen“, schildert Welschehold. „Darauf sind wir gut vorbereitet: Die Leitstelle ist rund um die Uhr erreichbar und personell gut besetzt.“



Oft entlastet bereits ein sortierendes Gespräch am Telefon. Wenn das Gespräch nicht ausreicht, kann der Krisendienst weiterführende Hilfen anbieten. In akuten Notfällen können bei Bedarf mobile Einsatzteams Hausbesuche durchführen, um zu unterstützen und die Betroffenen zu stabilisieren. Mobile Einsatzkräfte gibt es in allen oberbayerischen Landkreisen. Sie sind täglich – also auch an den Feiertagen – von 8:00 Uhr bis 21:00 Uhr in Rufbereitschaft und in maximal einer Stunde vor Ort.



„Gerade die mobilen Einsatzteams vor Ort in den Landkreisen sind von enormer Bedeutung“, bestätigt Martin Guth, Gebietskoordinator des Krisendienstes in der Stadt Ingolstadt und den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen. Neben der telefonischen Krisenhilfe seien die Einsatzteams die tragenden Säulen des Krisenhilfeangebots in Oberbayern. „Seit Beginn der Pandemie haben wir immer wieder erleben müssen, dass Menschen in schwierigen Situationen teilweise nur noch eingeschränkt Zugang zum Hilfesystem gefunden haben.“ Persönliche Krisengespräche seien gerade in so turbulenten Zeiten wie heute enorm wichtig.



„Dies gilt insbesondere für Menschen mit psychischen Problemen und für Menschen, welche sich momentan in einer schwierigen Lebenslage befinden – hier ist unkomplizierte und alltagstaugliche Unterstützung gefragt.“
Die Mitarbeitenden des Krisendienstes haben Tipps zur Krisenprävention in der Weihnachtszeit und rund um den Jahreswechsel zusammengestellt:
• Telefonieren oder chatten Sie mit Familie und Freunden und unterstützen Sie sich gegenseitig. Ein digitales Meeting mit allen Angehörigen in einem festlichen Rahmen ersetzt nicht das persönliche Treffen, es schafft aber Nähe und schenkt Freude – ein gutes Mittel gegen Einsamkeit und trübe Gedanken.
• Legen Sie eine Nachrichtenpause ein. Es tut Ihrer Seele gut, wenn Sie sich nicht dauernd mit Corona beschäftigen.
• Nehmen Sie nach Möglichkeit digitale Angebote für die Teilnahme an Gottesdiensten oder anderen kirchlichen, kulturellen oder weihnachtsbezogenen Veranstaltungen wahr. Dies schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit und stärkt den Zusammenhalt.
• Denken Sie auch an andere. Ihre alleinstehenden Nachbarn oder Freunde freuen sich über eine kleine Aufmerksamkeit, einen Anruf oder ein Gespräch am Gartenzaun. Das tut den Personen und Ihnen gleichermaßen gut.
• Körperliche Aktivitäten sind wichtig. Gehen Sie draußen spazieren und nutzen Sie zuhause digitale Angebote wie Yoga- oder Fitness-Apps.
• Wenn Sie Probleme haben: Trauen Sie sich offen darüber zu sprechen und vertrauen Sie sich Ihren Freunden und Ihrer Familie an. Sollten Sie aus eigener Kraft nicht aus der Krise finden, nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu fachkundigen Hilfeangeboten auf. Der Krisendienst ist an allen Feiertagen und an Silvester täglich 24 Stunden für Sie erreichbar.