(ir) Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hat zu einer
Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln der Gesellschaft in Deutschland
aufgerufen, um die Herausforderungen des Flüchtlingszuzugs zu bewältigen.
"Ohne diesen Rückbezug auf unsere Wurzeln, auf unsere
Geschichte, auf unsere Traditionen und Werte wird unsere Identität in
Deutschland und Europa schwach ausgeprägt bleiben", betonte der Bischof in
seinem Grußwort beim Neujahrsempfang des Diözesanrats der Katholiken im Bistum
Eichstätt. Er äußerte Zweifel, dass bei schwacher Identität Integration gelingen
kann.
Bischof Hanke bezog unter
anderem Stellung zur Silvesternacht in Köln, in der Frauen offenbar auch von
Flüchtlingen attackiert wurden. Die Vorkommnisse seien nicht hinnehmbar und
entsetzlich, stellte Hanke klar. Anschließend warf er mehrere Fragen auf: "Warum
jetzt diese aufgeregte Berichterstattung? Haben sich die Flüchtlinge im ganzen
Land plötzlich in ihrem Verhalten verändert? Oder beginnen wir uns zu verändern?
Gilt ‚Willkommen‘ nicht mehr?" Der Bischof räumte ein, dass auch er keine
schnellen Antworten geben könne, betonte jedoch: "Menschen in Not muss geholfen
werden. Das galt vor fünf oder vor drei Monaten und das soll auch heute und
morgen gelten."
Die Frage nach dem "Wie" sei sachlich und nüchtern
anzugehen. "Wenn wir nicht Getriebene veröffentlichter Meinungen, Getriebene des
pragmatisch gerade Machbaren, Getriebene unserer eigenen Emotionen – sowohl der
positiven wie der negativen – und unserer Ängste seien wollen, braucht es unter
anderem eine Besinnung auf unsere geistlichen Wurzeln", sagte der Bischof. Jeder
einzelne brauche für sich persönlich diese Rückbesinnung. Sie solle weder
Rückschau noch Nostalgie sein sondern aktive Zukunftskraft.
Bischof
Hanke berichtete auch von seinem Besuch in der indischen Diözese Poona, zu dem
das Bistum Eichstätt seit 60 Jahren eine Partnerschaft pflegt. Dieses Engagement
habe Früchte getragen, wie etwa in Schulen, in Projekten für Straßenkinder oder
in einem Heim für Kranke und Sterbende, sagte der Bischof.
Um das Thema
Flüchtlinge ging es auch in der Ansprache von Christian Gärtner, Vorsitzender
des Diözesanrats der Katholiken. "Wir leben einer Zeit des Umbruchs", sagte er.
Es komme darauf an, dass Staat, Gesellschaft, Politik und Kirche den Wandel
aktiv gestalteten. Gärtner erinnerte daran, dass Christen mit dem Evangelium
einen Kompass hätten, der ihnen die Richtung anzeige.
Der
Diözesanratsvorsitzende sprach sich gegen Strategien der Abschottung aus und
kritisierte, dass sich die hohen Flüchtlingszahlen schon über Jahre hinweg
abgezeichnet hätten. In Deutschland hätten zu viele Menschen "mit der Illusion
gelebt, wir könnten in einem reichen, sicheren und friedlichen Kerneuropa wie in
einem Paradiesgarten inmitten einer Welt der Kriege und der Armut leben, ohne
die Not und das Elend dieser Welt wirklich an uns heranlassen zu müssen."
Gärtner sprach sich unter anderem für ein umfassendes Einwanderungsgesetz, für
eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung, für die Befriedung von Konflikten sowie
für Menschenrechte in den Herkunftsländern aus.
Der Vorsitzende des
Landeskomitees der Katholiken in Bayern Albert Schmid, der in diesem Jahr auf
dem Neujahrsempfang zu Gast war, legte in seinem Grußwort einen der Schwerpunkte
auf die Fluchtwege. Sie seien das eigentlich Lebensgefährliche. "Wir brauchen
eine Konzeption, die die Sicherheit des Weges garantiert", forderte Schmid und
stellte außerdem fest: "Wir leben in einer multireligiös gestalteten Welt."
Daher brauche es eine neue christliche Dynamik der Zivilcourage.
Vor dem
Neujahrsempfang in der Eichstätter Residenz hatten Bischof Hanke, der
Regionalbischof im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Nürnberg, Stefan Ark
Nitsche, die Vertreterin der Mennonitengemeinde Ingolstadt, Anja Landes-Schell,
und der evangelisch-methodistische Superintendent für den Distrikt Nürnberg,
Markus Jung, einen ökumenischen Gottesdienst im Dom gefeiert. Damit eröffneten
sie auch die Gebetswoche für die Einheit der Christen im Bistum Eichstätt.