von Helmut Schlittenlohr
Zu einem Streifzug durch die belebte Geschichte von Oberhaunstadt hat Bernhard Wagner am letzten Samstag eingeladen.
(ir) Das Interesse an der Ortsführung war sehr groß, trotz regnerischen Wetters fanden sich rund 80 Bürger am Treffpunkt beim Kriegerdenkmal an der St. Willibald-Kirche ein. Die Lehrerin Sabine Riedel, die mehrere Jahre an der Schule Oberhaunstadt unterrichtet hatte, führte die Interessenten zu historischen Plätzen des Ortes. Zuerst nannte sie die Reihenfolge der Herren die den Ort in den früheren Zeiten prägten.
Im ersten Eichstätter Lehensbuch werden dabei ab dem Jahr 1087 Rudolf und Hermann von Haunstatt genannt, die „Köllner“ schufen ab 1317 die Grundlage der Pfarrei, sie werden auch als damalige Burgleute erwähnt. Andere Grundherren waren auch die Layminger, die Tegninger oder auch die Segkndorfer. Ende des 15.Jahrhundert war Ulrich Reisacher der beherrschende Vogt im Ort. Eines der bedeutendsten Geschlechter waren aber danach die Hegnenberger in Haunstatt, die dem Geschlecht des Herzog Wilhelm von Bayern entstammten. Die Jesuiten bauten ab 1693 die Braustätte neu auf, danach folgten auch die Malteser im Ort, doch 1822 fiel Oberhaunstadt an den Staat. Erstmals in Erwähnung kam dann die Familie Wittmann, die 1833 die Brauerei vom Staat kaufte.
Der erste Fußmarsch der Ortsführung führte dann auch dorthin zur Brauerei, wo Frau Riedel erzählte, dass der erste Besitzer Simon Wittmann aus dem sehr heruntergekommenen Anwesen in kürzester Zeit einen leistungsfähigen Betrieb machte. Bereits vor dem 19. Jahrhundert schenkte man dort Bier aus. In der Kellerwirtschaft gab es glanzvolle Feste, es war das Hauptausflugsziel vieler Ingolstädter. Der Brauerei – und Gutsbesitzer Karl August Wittmann pflanzte dann auch eine fast zwei Kilometer lange Ahornallee auf den Weg dahin. Auf dem Weiher hinter der Brauerei wurde Eisstock geschossen und die Frauen rodelten mit ihren Kindern am noch unbewaldeten Weinberg. An der Brauerei angeschlossen war auch ein Wasserschloss, das über einen sehr schönen Barockgarten verfügte.
Der nächste Weg der Führung führte zum sogenannten „Alten Bad“. Der Gemeinderat beschloss 1937 zwischen dem Mühlbach und dem Retzgraben dort ein Volksbad zu errichten. Es erfreute sich großer Beliebtheit, wie auch der 84-jährige Teilnehmer der Führung, Helmut Detter, zu berichten wusste. „Sogar ein Sprungbrett gab es, wenn auch nur aus einfachen Balken. Für uns Jungen ein tolles Badevergnügen“. Doch in den 1960er Jahren wurde der Badebetrieb eingestellt. Heute steht es der örtlichen Feuerwehr
für diverse Aktivitäten zur Verfügung.
Interessantes konnte Geschichtslehrerin Riedel dann bei der ehemaligen Mühle am Haunstätter Mühlbach berichten. 1477 wurde sie erstmals erwähnt, auch, weil sie dem Bischof von Eichstätt abgabepflichtig war. Alles Malz, was die Brauerei damals benötigte, wurde dort gebrochen. 1897 kam die Mühle in den Besitz des Gut Wittmann, die bis 1917 Mehl mahlte. In den 1920er Jahren wurde eine Turbine statt des Mühlrades eingebaut, um für das Gut und die Brauerei Strom zu erzeugen. Ab 1985 wurde die Mühle als Wohnhaus ausgebaut. Gegenüber der Mühle war auch die Schmiede, zu der aus der Region viele Bauern ihre Nutztiere zur Behandlung brachten. Initiator Bernhard Wagner erinnerte sich noch gut an den Geruch, der beim Beschlagen der Pferde dort war. „Uns trieb es als Buben immer dort hin, das Feuer und der Geruch waren etwas Geheimnisvolles“.
Die nächste Station führte anschließend zum ehemaligen Bahnhof an der Beilngrieser Straße. Ab 1904 entstand eine Lokalbahnlinie Ingolstadt – Riedenburg mit einer Strecke von 38 Kilometer, Kosten 2,9 Millionen Mark, wusste Frau Riedel zu berichten. In Oberhaunstadt wurde der dazu gehörende Bahnhof in Bretterbauweise erstellt. 1990 wurde die Bahnlinie aber eingestellt.
Am nächsten Standort an der Schule Oberhaunstadt kam Sabine Riedel förmlich ins Schwärmen, da sie an der dortigen Tafel, die auf die „Römische Villa rustica“ hinweist, maßgeblich in ihrer Zeit als Lehrerin Oberhaunstadt beteiligt war. Der damalige
Rektor der Schule, Wilhelm Ernst, fand in der Baugrube eines Hauses in der dortigen Bernd-Rosemeyer-Straße Mauern einer römischen Villa rustica. In dem damaligen Wohnhaus fand man rotglänzendes Tafelgeschirr; eine verzierte Schüssel sowie Teller und Tassen. Die gefundene Keramik sowie die hohlen Ziegel belegen, dass dort Wohn- und landwirtschaftliche Anwesen aus der römischen Zeit standen.
Der abschließende Weg der Führung endete dann am Krautbuckel, heute für die Stadt Ingolstadt ein bedeutender Wasserlieferant, mit eingerichtetem Quellbecken und zirka 150 Meter tiefer Quelle. Schon 1916 wurde hier nach Wasser gebohrt und jeder Oberhaunstädter konnte dort auf dem Hügel sein Kraut anbauen. Früher war dort ein kleiner Burgstall für die Turmburg, die bei Kleinmehring stand. Mystisch ist jedoch die Sage, dass dort auf dem künstlich aufgeworfenen Hügel eine Burg stand, die der Sage nach zwei Schwestern gehörte. Bei einem starken Gewitter bebte die Erde und die Burg versank. Zurück blieb nur der kleine Hügel, der Krautbuckel. Mit dieser Sage endete die interessante Führung, bei der die Besucher trotz Dauerregen bis zuletzt dabeiblieben.