90 Monate Jugendstrafe wegen Mordes


 
Eine Heranwachsende wurde wegen heimtückischer Tötung ihres sechs Monate alten Sohnes zu einer Jugendstrafe verurteilt.

(ir) Die große Jugendkammer des Ingolstädter Landgerichts hat die Angeklagte wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von 7 Jahren 6 Monaten verurteilt. Die Kammer ging dabei von der vollen Schuldfähigkeit der Angeklagten aus. Das Gericht hatte „keinerlei Zweifel“, dass die zum Tatzeitpunkt 17-Jährige ihrem damals sechs Monate alten Sohn am 6. Juni 2017 mindestens vier Minuten bewusst die Luftzufuhr abgeschnitten hatte, so dass das Kind trotz sofort eingeleiteter ärztlicher Rettungsmaßnahmen an zentralem Hirnversagen, das durch Sauerstoffmangel ausgelöst wurde, verstarb.

Die Angeklagte hatte während des gesamten Prozesses keinerlei Angaben gemacht und so blieben letztlich das Tatmotiv und auch der genaue Tathergang für die Kammer ein „schwarzes Loch“. Nach einem reinen Indizienprozess, in dem eine Vielzahl von Zeugen aus dem persönlichen Umfeld, ärztliches und pflegerisches Personal, sowie ärztliche Sachverständige einvernommen wurden, legte das Gericht seinem Urteil folgenden Sachverhalt zugrunde:



Schon am Nachmittag des 5. Juni 2017 hatte die Angeklagte über Notruf den Rettungsdienst alarmiert, da ihr Sohn kaum mehr Luft bekomme und nur noch schnappend atme. Wenige Minuten später rief sie wieder an und teilte mit, dass der Sohn nun eine bläuliche Gesichtsfarbe habe und nicht mehr atme. Der bereits elf Minuten nach dem Erstanruf eingetroffene Notarzt reanimierte den Säugling und stabilisierte ihn soweit, dass nach Eintreffen in der Kinderklinik keine Verlegung in die Intensivstation notwendig war und die Aufnahme zusammen mit der Mutter in der normalen Kinderstation erfolgte. Eine wesentliche Überwachungsmaßnahme war das Anschließen eines Überwachungsmonitors, ein sogenanntes Puls-Oxymeter, zur Überprüfung der Vitalwerte.

Am Abend des 6. Juni 2017 nach 20:00 Uhr verständigte die Angeklagte den Stationsstützpunkt, weil ihr Sohn wieder blau angelaufen sei und nicht mehr atme. Trotz noch kurz zuvor erfolgter Belehrung der Nachtschwester hatte die Angeklagte das Kind bewusst nicht an das Pulsoximeter angeschlossen.

Der Säugling verstarb schließlich am 16. Juni 2017. In der Folge wurden standardmäßig eine umfassende Obduktion durchgeführt und sämtliche ärztlichen Unterlagen ausgewertet, wobei eine natürliche Todesursache sicher ausgeschlossen wurde. Die Sauerstoffzufuhr konnte nur von außen abgeschnitten worden sein. Da zwischen Tat und Tod aber mehrere Tage lagen, kann nicht mehr sicher gesagt werden, ob das Kind erstickt oder erwürgt wurde. Der kleine Kindskörper hatte in dieser Zeitspanne alle möglichen Spuren bereits abgebaut.



Ausdrücklich hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass dem Klinikpersonal „kein Hauch eines Vorwurfs“ gemacht werden kann. Nichts hat im Vorfeld für eine Gewalttat gesprochen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb einer Woche kann die Angeklagte und auch die Staatsanwaltschaft Revision einlegen.