(ir) Angelika Söder ist FIFA-Schiedsrichterin und Psychologin für
Kinder mit Behinderung.
Psychologin im Dienst an Kindern
mit Behinderung und gleichzeitig ehrgeizige Fußball-Schiedsrichterin – passt das
zusammen? Muss man als Schiri nicht in der Regel hart durchgreifen, während im
Umgang mit behinderten Menschen Sensibilität angebracht ist?
Angelika Söder
(26) ist beides und will diesen Gegensatz so nicht stehen lassen: „Auch einem
Kind mit geistiger Behinderung muss man schon mal klar ‚Stopp!‘ sagen, wenn es
andere Kinder schubst. Und auf dem Fußballplatz ist es bei einigen Spielern
besser, erst einmal ein Gespräch zu suchen, als ihnen gleich eine Karte zu
zeigen.“ Bei beiden Engagements kommt es nach Erfahrung Söders vor allem auf
Menschenkenntnis und verantwortungsvolles Vorgehen an.
Der Wunsch, Verantwortung zu
übernehmen, war es denn auch wesentlich, der die gebürtige Nürnbergerin dazu
brachte, eine erfolgreiche Schiedsrichterin zu werden. Als Kind spielte und
pfiff sie lange Zeit gleichermaßen. Mit 17 Jahren entschied sie sich dann ganz
für eine Tätigkeit als „Schiri“: „Als Spielerin kann man die Schuld auf andere
abschieben. Als Schiedsrichterin muss man hingegen allein zu dem stehen, was man
tut. Das ist auch eine gute Schule fürs Leben“, begründet sie ihre damalige
Entscheidung. Die hat sie mittlerweile weit gebracht. Angelika Söder pfeift
regelmäßig Fußballspiele in der Frauen-Bundesliga und der Herren-Regionalliga.
Sie ist bereits FIFA-Schiedsrichterin und wirkt bei internationalen Begegnungen
als Linienrichterin mit. Ihr Traum ist es, einmal bei einer Weltmeisterschaft zu
pfeifen. Das hält sie aber erst für die in acht Jahren für realistisch.
Es geht „immer um den Menschen“
Aufgrund ihrer
Leidenschaft für den Fußball wollte sie ursprünglich Psychologie im Sport
studieren. Das erschien ihr für die beruflichen Perspektiven dann aber doch als
zu speziell. So absolvierte sie ein Bachelor- und Masterstudium in Psychologie.
„Das ist ein vielseitiger Bereich, bei dem es immer um den Menschen geht“,
beschreibt sie ihre Motivation für ihren Beruf. Seit Mai dieses Jahres ist sie
im Psychologischen Fachdienst des Caritas-Zentrums St. Vinzenz Ingolstadt tätig.
Hier nimmt sie sich Kindern mit geistiger Behinderung an. Diese erlebt sie als
lernwillig und begeisterungsfähig und es sei immer wieder schön, kleine
Fortschritte zu mehr Lebensqualität bei ihnen zu entdecken: „zum Beispiel, wenn
manche bereits nach kurzer Zeit ihren Wunsch nach Essen oder Spielen in Gesten
und Gebärden ausdrücken, was sie am Anfang noch nicht konnten.“
Ärgerlich macht es
die Psychologin, wenn sie mit bürokratischen Hemmnissen zu tun hat: „wenn zum
Beispiel erst nach vielem Hin und Her Hilfsmittel wie ein Rollstuhl bewilligt
werden. Das empfinde ich dann als Foulspiel in meinem beruflichen Umfeld.“
Hoffnung machen ihr hingegen vielfältige Initiativen zur Inklusion in letzter
Zeit, etwa das Kooperationsprojekt Partnerklasse für Kinder mit und ohne
Behinderung zwischen Caritas-Zentrum und Grundschule an der Lessingstraße. „Es
ist noch vieles möglich, um Menschen mit Handicaps aus dem ‚Abseits‘
herauszuholen“, so die Psychologin und Schiedsrichterin.