Scharpf: Städte brauchen Unterstützung von Bund und Land.
(ir) Einbrüche bei den Steuereinnahmen als Folge von Corona werden auch nach der Pandemie noch über mehrere Jahre die kommunale Handlungsfähigkeit bedrohen. Das belegt die aktuelle Steuerschätzung von Mai 2021. Damit die Kommunen handlungsfähig bleiben und kommunale Investitionen nicht einbrechen, sind schnelle und entschiedene Hilfen von Bund und Ländern dringend notwendig, dafür plädiert auch Ingolstadt Oberbürgermeister Christian Scharpf. Er hat sich zu diesem Thema bereits im Frühjahr schriftlich an Bundesfinanzminister Olaf Scholz und den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder gewandt.
Ein Abgleich zwischen der Steuerschätzung vom November 2019 – der letzten Steuerschätzung vor der Corona-Pandemie – und der aktuellen Steuerschätzung vom Mai 2021 verdeutlicht den historisch einmaligen Einbruch der Erwartungen bundesweit: Das Volumen der Steuermindereinnahmen beträgt in diesem Jahr 9,4 Milliarden Euro, dies entspricht zirka 110 Euro je Einwohner. Im kommenden Jahr ist mit Steuermindereinnahmen von gut 10 Milliarden Euro zu rechnen. Die Steuereinnahmen steigen zwar gegenüber dem starken Einbruch im vergangenen Jahr an, aber die kommunalen Steuereinnahmen liegen sowohl in diesem als auch den kommenden Jahren noch deutlich unter dem ursprünglich erwarteten Niveau.
Vergangenes Jahr (2020) haben Bund und Länder die Gewerbesteuerausfälle der Städte und Gemeinden mit 12,4 Milliarden Euro schnell und unkonventionell ausgeglichen. So wurden die Haushalte der Städte und Gemeinden erfolgreich stabilisiert und die Investitionen blieben auf hohem Niveau. Der Deutsche Städtetag hat Bund und Länder aufgefordert, auch in diesem und dem kommenden Jahr gemeinsam mit den Ländern die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer zu kompensieren und dafür zu sorgen, dass die kommunalen Investitionen stabil bleiben.
Dieser Forderung schließt sich Oberbürgermeister Christian Scharpf uneingeschränkt an: „Die Stadt Ingolstadt ist, wie dies annähernd für alle Lebensbereiche gleichermaßen gilt, von den unvorhersehbaren Wirkungen der Corona-Pandemie betroffen: In erster Linie das gesellschaftliche, öffentliche Leben, aber auch ganz wesentlich der Wirtschaftsstandort Ingolstadt. Kaum eine Kommune, die nicht mit zurückgehenden Steuereinnahmen in Folge der wirtschaftlichen Auswirkung der Pandemie zurechtkommen muss. In Ingolstadt verschärft sich die Situation noch durch einen andauernden Umbruch im automotiven Sektor.
Zur Finanzierung und zur Erfüllung sowohl der sehr umfassenden Aufgaben der Stadt Ingolstadt als auch als Regionalzentrum für die gesamte Region 10 ist der städtische Haushalt stark von den Gewerbesteuerzahlungen abhängig.
Während sich im zurückliegenden Jahrzehnt die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Ingolstadt durchschnittlich in einer Größenordnung von rund 150 Millionen Euro jährlich bewegten, wird in Folge des Umbruchs in der Automobilbranche und der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie im Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von rund 70 Millionen Euro gerechnet.
Die von Land und Bund geleistete Kompensation der entfallenden Gewerbesteuereinnahmen für das Jahr 2020 hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die städtischen Pflichtaufgaben derzeit noch in der erforderlichen Qualität und vollumfänglich geleistet werden können.
Da sich die Folgen der Pandemie jedoch auch und insbesondere in diesem und in den folgenden Haushaltsjahren wirtschaftlich spürbar auswirken werden, rechnet die städtische Kämmerei mit dauerhaft niedrigeren Steuereinnahmen. Wir bewegen uns hier in einer Größenordnung von weniger als 100 Millionen Euro jährlich, also einem mehrjährigen Einbruch von mehr als einem Drittel der Gewerbesteuereinnahmen.
Trotz der bisher relativ stabilen Einnahmen aus der Einkommens- und Umsatzsteuerbeteiligung und unter Verwendung der in den vergangenen Jahren angesammelten Rücklagemittel können die dringend anstehenden Zukunftsinvestitionen der Stadt nicht mehr vollständig finanziert werden. Ohne die zusätzliche Stärkung der kommunalen Einnahmensituation stünden somit zur Finanzierung der künftigen und unabweisbaren Aufgaben zusätzliche Kreditaufnahmen in erheblichem Umfange an, die den Handlungsspielraum der Stadt erheblich einschränken würden.
Der Appell der Stadt ist deshalb, in dieser besonderen Situation auch weiterhin die ganze Unterstützung durch den Freistaat und den Bund in Form von finanziellen Förderungen und Hilfeleistungen zu wissen.“