Bayerns Krankenhauspersonal setzt Grenzen


  
Gewerkschaft ver.di setzt Protestaktion für Entlastung und mehr Personal fort.

(ir) Die Gewerkschaft ver.di ruft das Klinikpersonal erneut zu Protestaktionen auf. In der Klinik Eichstätt werden die Beschäftigten von Montag bis Freitag dieser Woche nicht mehr kurzfristig zur Kompensation des Personalmangels aus ihrer Freizeit einspringen. „Im Koalitionsvertrag muss die Einführung verbindlicher Personalvorgaben für alle Pflegebereiche im Krankenhaus stehen.“, so Arina Wolf, zuständige Gewerkschaftssekretärin für Gesundheit und Soziales für die Region 10: „Wer die Krankenhäuser jahrelang auf Verschleiß gefahren hat, Verweildauern verkürzt, Fallzahlen erhöht ohne einen vernünftigen Ausgleich bei den Stellen zu schaffen, der muss sich nicht wundern, wenn der Pflegeberuf an Attraktivität verliert. Wenn immer mehr junge Menschen nach der Ausbildung im Krankenhaus andere Perspektiven suchen. Der Pflegeberuf ist ganz wunderbar, wenn die Bedingungen stimmen. Das Fachkräfteproblem ist hausgemacht.“



Die Gewerkschaft ver.di begleitet die Konstituierung des Bundestages und die laufenden Koalitionsverhandlungen mit Protestaktionen, um der Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung zur Chefsache der neuen Regierung zu machen. „Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und in der Pflege geben sich nicht mit Sonntagsreden und weißer Salbe zufrieden. Den Worten müssen Taten folgen, dazu erwarten wir klare Aussagen im Koalitionsvertrag“, betont Arina Wolf, „Deshalb lassen wir jetzt nicht locker, und deshalb gehen unsere Proteste weiter. Die Personalausstattung darf sich nicht an betriebswirtschaftlichen Maßgaben orientieren, sondern am Pflegebedarf der Patienten und der Belastungssituation des Personals.“

In verschiedenen Krankenhäuser wollen die Beschäftigten auf die Politik nicht mehr warten. Die Helios Amper Kliniken AG, das Klinikum Augsburg, die Kreiskliniken Günzburg-Krumbach und die Sozialstiftung Bamberg wurden zu Tarifverhandlungen aufgefordert. In einigen Häusern finden konstruktive Gespräche statt, um betriebliche Lösungen zur Entlastung des Personals zu finden. Andere reagieren bereits mit Maßnahmen auf den Protest. Für die Donau-Ries-Kliniken hat der Verwaltungsrat für dieses und das nächste Jahr je eine Million Euro für die Pflegekräfte freigegeben – und nimmt damit auch ein Defizit in Kauf. Damit sollen neue Stellen geschaffen und Überstunden abgebaut werden. Zudem wurde zugesagt, dass die Patientenaufnahme künftig auf den Personalbestand abgestimmt wird.



Zur Abhilfe der Misere fordert ver.di ein Sofortprogramm: „Keine Schicht allein“. Unter diesem Motto soll künftig verboten werden, dass einzelne Beschäftigte etwa 48 und mehr Patienten in einer Schicht alleine versorgen müssen, erklärte Kathrin Weidenfelder, verantwortlich für die Krankenhausbranche bei ver.di-Bayern. Die Auszubildenden sollen zudem nicht mehr als billige Arbeitskräfte zur notdürftigen Überbrückung der Personalmisere herangezogen werden. Für die Praxisanleitung ist mehr Zeit vorzusehen. Als Sofortprogramm fordert ver.di 20.000 Stellen mehr. Diese Vorgaben müssen zweckgebunden finanziert werden. Gelder der Versicherten, die für Personalstellen bestimmt sind, dürfen nicht für Baustellen zweckentfremdet werden. Mittel- bis langfristig müssen für alle Berufsgruppen im Krankenhaus verbindliche Personalvorgaben entwickelt werden.