Mit Rauschbrillen versuchen, ein Fahrradschloss aufzuschließen und einen Ball zu
fangen: Diesem Experiment stellten sich am Infostand der Caritas-Suchtambulanz
bei Diplom-Psychologin Anja Strauß auch ein Vater und sein Sohn, die im
Ingolstädter Westpark unterwegs waren. (Foto: Caritas/Esser)
„Cakepops statt Alkopops“: Mit dieser Initiative hat die
Caritas-Suchtambulanz Ingolstadt an einem Infostand im Ingolstädter
Einkaufszentrum Westpark am Mittwoch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger
geweckt. Interessierte konnten anhand von Rauschbrillen verschiedene
Alkoholisierungsgrade nachempfinden. Zur Belohnung gab es Cakepops, kleine
Kuchen am Stiel. Die Aktion fand innerhalb der bundesweiten Aktionswoche
„Alkohol? Weniger ist besser!“ statt.
Zwei Rauschbrillen konnten sich
Passanten an dem Stand aufziehen: eine, die einen Alkoholisierungsgrad von 0,8
Promille simuliert und eine andere, um sogar 1,3 Promille nachzuempfinden. Mit
den Brillen durchliefen sie unter anderem einen Parcours mit Pylonen, versuchten
ein Fahrradschloss aufzuschließen und einen von Caritasmitarbeitern zugeworfenen
Ball zu fangen. „Bei der ersten Brille ging es ja noch, ich konnte das Schloss
aber trotzdem nicht aufschließen und habe stark gezittert, und bei der zweiten
Stärke war es ganz schlimm“, erzählte eine Passantin, die sich als
Antialkoholikerin ausgab, nach ihrem Experiment. Eine andere Frau, die
mitmachte, stieß immer wieder die Pylonen um. Ein älterer Mann blieb zwar
fehlerfrei, benötigte aber für den wenige Meter kleinen Parcours mehrere
Minuten. „Das ist Wahnsinn, man sieht alles vierfach. Beim Auto- oder Radfahren
ist das wirklich gefährlich“, lautete sein Kommentar.
Andere Passanten
im Westpark verweilten vor einem Bildschirm, an dem über „Mythen und
Halbwahrheiten“ des Alkohols aufgeklärt wurde: zum Beispiel darüber, dass
Alkohol ¬– anders als von vielen gedacht – nicht gut für den Schlaf ist, weil
man mit Alkohol zwar schneller einschläft, aber der Schlaf dann oberflächlicher
und von der Qualität her schlechter ist. Andere Halbwahrheiten, die widerlegt
wurden, hießen zum Beispiel „Ein Schnaps hilft bei der Verdauung“ oder „Kleine
Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit“.
Der Fachdienstleiter der
Caritas-Suchtambulanz machte Interessierten unmissverständlich klar, dass auch
das von vielen beschworene „eine Glas Rotwein“ nicht gesund sei. Allerdings
wolle man mit der Aktion auch keine unrealistischen Forderungen an die
Gesellschaft stellen. Daher laute das Motto der deutschlandweiten
Präventionskampagne auch „Alkohol? Weniger ist besser“ und verlange
grundsätzlich keinen absoluten Verzicht. „Doch derzeit ist es viel zu viel“, so
Guth, der darauf verwies, dass Deutschland im internationalen Vergleich einen
gefährlichen Spitzenplatz einnehme: „Platz fünf unter 40 untersuchten Ländern,
was den durchschnittlichen Alkoholkonsum pro Kopf angeht. Rund zwölf Liter
Reinalkohol im Jahr bedeutet das im Schnitt für Personen ab 15 Jahren.“ Auch in
der Region 10 mit der Stadt Ingolstadt sowie den Landkreisen Eichstätt,
Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen – in der die Caritas-Suchtambulanz
Betroffenen hilft – ist laut Guth Alkohol die Droge Nummer 1: „Knapp über die
Hälfte aller Ratsuchenden kommt aufgrund einer Alkoholproblematik. In der
Onlineberatung sind es mit fast 60 Prozent sogar etwas mehr“, informierte der
Caritas-Fachdienstleiter. Dabei seien die Ursachen und Lebensumstände
unterschiedlich: „Da gibt es den Schichtarbeiter, der sich als Vater mit der
Nachtschicht und den Anforderungen der Familie überfordert fühlt sowie die
Hausfrau und Mutter, welche mit der Pflege der Großmutter und den alltäglichen
Anforderungen an sie nicht mehr klar kommt oder auch den Angestellten, der nach
seinem Renteneintritt unter der ‚Arbeitslosigkeit‘ leidet und massiv begonnen
hat, Alkohol zu trinken, sodass die Ehefrau nach 40 Jahren Ehe überlegt, sich
von ihm zu trennen“, schilderte Guth einige Beispiele.
Bei jungen
Konsumenten würden vor allem die Gefahren des Konsums von Alkopop-Getränken
verharmlost. „Durch den darin enthaltenen Zucker und Aromastoffe wird der
bittere Geschmack des Alkohols überdeckt, so dass man zumeist ohne es zu
bemerken relativ viel Alkohol in kurzer Zeit zu sich nimmt. Durch den süßen und
fruchtigen Geschmack wird man dazu verleitet, Alkopops wie Limonade als
Durstlöscher zu trinken“, erklärt der Caritasexperte für Suchtprobleme und fügt
hinzu: „Durch die coole und trendige Aufmachung der Flaschen werden vor allem
gezielt junge Menschen angesprochen. Die Flaschen liegen gut in der Hand, sind
auch tanzflächentauglich.“ Mit der Initiative „Cakepops statt Alkopops“ wollte
die Caritas-Suchtambulanz in anschaulicher und sinnlicher Weise auch speziell
auf diese Problematik aufmerksam machen.“
Bei Fragen zum Thema Alkohol
stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas-Suchtambulanz
telefonisch unter der Nummer (08 41) 30 91 38 sowie per Mail an