Die 33-jährige Lisa-Marie Kühnl aus Manching hat in ihrem Leben schon viel mitgemacht.
(ir) Die alleinerziehende Mutter wurde vor gut zehn Jahren ungewollt schwanger, trennte sich noch während der Schwangerschaft vom Vater ihres Kindes, sie leidet unter Asthma und einer Depression. Sohn Leon hat eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Doch Lisa-Marie Kühnl ist eine Kämpferin. „Nicht aufgeben“, lautet ihr Lebensmotto.
Die gelernte Krankenschwester hat sich lange Zeit ehrenamtlich beim Bayerischen Roten Kreuz und der Lebenshilfe engagiert. Bis vor etwa einem Jahr arbeitete sie in einem Schlaflabor als Arzthelferin. Doch dann wurden der Alleinerziehenden die langen Nachtschichten zu viel und sie zog sich auch noch einen doppelten Fußbruch zu. Derzeit lebt sie von Arbeitslosengeld, ist aber zuversichtlich, bald wieder einer Teilzeitarbeit nachgehen und auch noch eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin machen zu können.
Dass Lisa-Marie Kühnl trotz aller Schwierigkeiten immer wieder neuen Lebensmut schöpft, verdankt sie auch der Alleinerziehendenarbeit an der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt. Ihre Mutter, die Lisa-Marie Kühnl sehr unterstützt, las vor mehreren Jahren über diese Arbeit einen Artikel in der Zeitung. Seitdem nimmt die Tochter an Angeboten dieses Caritasdienstes teil und lässt sich mehrmals im Jahr von Caritas-Mitarbeiterin Nicole Ohrner beraten. Hilfreich für sie sind deren Unterstützungen bei Anträgen und ihr „familiärer Rat“. Doch am wichtigsten ist für die Alleinerziehende, „dass sie grundsätzlich ein offenes Ohr für mich hat. Ich fühle mich nicht alleingelassen“, erklärt Lisa-Marie Kühnl.
Bereits zweimal hat sie auch an den von der Stelle im Frühjahr durchgeführten Wochenend-Seminaren für Alleinerziehende im Schloss Pfünz teilgenommen. In den vergangenen Jahren hießen die Themen dieser Seminare zum Beispiel „Familie geht auch anders“ und „Den Alltag entschleunigen“. „Es ist gut, dort den Austausch mit anderen in ähnlichen Lebenssituationen zu haben. Man kommt selbst zu Wort, und es wird nicht erwartet, dass die Dinge im Leben einfach nur funktionieren“, schätzt sie diese Veranstaltungen und hat sich auch dieses Jahr wieder dafür angemeldet. Dort sei es anders als in der Gesellschaft, „in der man oft noch dafür abgestempelt wird, dass man einen anderen Weg geht als den einer klassischen Familie“.
Solche Seminare und offene Treffs waren der Schwerpunkt der Alleinerziehendenarbeit der Caritas, als diese 1992 startete. „Bei vielen Betroffenen gingen mit dem Wechsel in die neue Lebenssituation Freundschaften verloren, und daher nahmen an solchen Treffen in den Anfangsjahren besonders viele teil“, berichtet Nicole Ohrner. Sie ist bereits seit rund 25 Jahren für die Alleinerziehendenarbeit tätig. Doch mit der Zeit hat sich ein höherer Bedarf an Einzelberatung entwickelt. Nun wollten die Frauen persönlich mit Caritas-Fachkräften Fragen besprechen:
konkrete wie „Wo bekomme ich Unterstützung und welche Anträge muss ich stellen?“, „Was kann ich tun, wenn er keinen Unterhalt zahlt?“, „Wie kann ich trotz schwieriger Wohnungslage eine eigene Bleibe finden?“, aber auch grundsätzliche wie „Wie kann es in meinem Leben weitergehen?“ Im vergangenen Jahr wandten sich Nicole Ohrner zufolge 107 Alleinerziehende an die Caritasstelle, davon 105 Frauen und zwei Männer. Wenn Ratsuchende zu ihr kommen und Kleinkinder mitbringen, steht für diese im Büro von Nicole Ohrner eine Spielkiste bereit.
Die Caritas-Mitarbeiterin erzählt, dass es bei Beratungen auch oft emotional zugeht: „Viele weinen angesichts der Tiefen und Höhen, die sie durchmachen, oder weil sie sich überfordert und aus der Bahn geworfen fühlen“, sagt Nicole Ohrner und ergänzt: „Ich gebe ihnen den Raum dafür und höre ihnen häufig einfach zu.“ Oft macht sie den Betroffenen aber auch klar, „was diese alles schon leisten, denn das sehen die Betroffenen selbst häufig gar nicht. Dabei haben sie jeden Tag eine lange Liste: vom Haushalt bis zu Ämtergängen.“ Ob durch solche Hinweise oder einfach ihr offenes Ohr: Wichtig ist der Caritasberaterin, ihren Klientinnen eine Wertschätzung zu geben, die das Motto der diesjährigen Caritas-Frühjahrssammlung „Liebe achtet“ zum Ausdruck bringt.
Dies gilt umso mehr in der jetzigen Corona-Krise, in der sich zusätzliche Herausforderungen stellen. „Mehrere haben ihren Minijob verloren und andere Frauen oder auch ihre Ex-Partner leben von Kurzarbeitergeld. Und für viele ist das Homeschooling sehr anstrengend, vor allem für Mütter mit Kindern im Grundschulalter“, erfährt die Caritasberaterin. „Etliche kommen da schon ans Ende ihrer Kräfte.“ Bei speziellen Problemen vermittelt Nicole Ohrner die Betroffenen an Fachdienste im Caritas-Netzwerk: zum Beispiel zur Erziehungsberatung und Schwangerschaftsberatung oder zur Schuldnerberatung, die sich unter einem Dach mit der Alleinerziehendenarbeit befindet.
Die Arbeit des Dienstes, die zur Allgemeinen Sozialberatung der Caritas-Kreisstelle gehört, umfasst eine gute halbe Stelle: 16 Stunden von Nicole Ohrner und fünf einer Kollegin. Der Dienst wird nicht durch öffentliche Gelder refinanziert, doch dem Caritasverband ist diese Hilfe sehr wichtig. Daher sollen allein aus Mitteln der Caritas-Frühjahrssammlung 42.000 Euro in die Arbeit fließen. Dafür, dass Menschen wie Lisa-Marie Kühnl und ihr Sohn Leon weitere Lebensperspektiven bekommen. Diese haben mit dem Homeschooling übrigens noch keine Probleme gehabt. Leon werden die Aufgaben von seiner Förderschule zugeschickt. „Er hat gute Fortschritte gemacht“, freut sich die Mutter und ist zuversichtlich, dass er seinen Weg gehen wird. Auch für diesen gilt ihr Lebensmotto „Nicht aufgeben“.
Das Foto zeigt die Alleinerziehende Lisa-Marie Kühnl und ihren Sohn Leon, die mit der Unterstützung der Caritas ihren Weg gehen.