Seit 18 Monaten ist die Ingolstädter Sebastianskirche wegen akuter Einsturzgefahr geschlossen. Bis dato wurde mit der Sanierung nicht begonnen.
(ir) Unsere Redaktion erreichte ein offener Brief des Freundeskreises der Sebastianskirche Ingolstadt e.V., den wir nachfolgend veröffentlichen:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wie Ihnen bekannt ist, musste die Sebastianskirche vor nunmehr 18 Monaten wegen akuter Einsturzgefahr geschlossen werden. Ein statisches Gutachten hat gezeigt, dass der Jochbogen vor dem Hochaltar massive statische Schäden aufweist, die eine sofortige Sanierung nötig machen. Bis diese Sanierung abgeschlossen ist, darf die Kirche aus Sicherheitsgründen nicht wieder geöffnet werden. Obwohl das Gutachten in seiner Deutlichkeit keine Zweifel hinsichtlich der Dringlichkeit von Maßnahmen lässt, ist bislang jedoch nicht mit den nötigen Arbeiten begonnen worden. Der Freundeskreis der Sebastianskirche Ingolstadt e.V. sieht sich deshalb in der Pflicht, Sie nachdrücklich aufzufordern, sich dieses baulichen Kleinods und seiner Sanierung anzunehmen.
Schon im März 2016 wurde das Landesamt für Denkmalpflege in die ersten statischen Untersuchungen mit einbezogen und sowohl das Landesamt als auch ich in meiner Funktion als Heimatpfleger haben seitdem immer wieder auf Amtstagen und bei Ortsterminen darauf hingewiesen, dass nun endlich mit einem Vorprojekt begonnen werden sollte, um das Bauwerk vor weiteren Schäden oder Schlimmerem(!) zu bewahren. Das Landesamt hat die Stadt in einer Mail an die Stadtbaurätin auch ‚nachdrücklich‘ gebeten, ‚entsprechende Schritte einzuleiten, um den Erhalt des Baudenkmals zu sichern‘. Auch sei ‚angesichts der großen kunsthistorischen Bedeutung des Denkmals und der akuten Gefährdung ... eine verhältnismäßig hohe Förderung aus Mitteln der Denkmalpflege vorstellbar.‘
Daneben wies auch die Präfektin der Sebastianbruderschaft, Frau Christl Schönauer, in einem Brief an Sie darauf hin, dass dringender Handlungsbedarf bestehe und sie häufig von Anwohnern und Gottesdienstbesuchern auf die eineinhalbjährliche Schließung angesprochen werde. Es ist uns deshalb unerklärlich, weshalb Herr Ring die lapidare Antwort erteilte, dass die Kirche Mitte 2019 wieder geöffnet werden könne.
Sie werden verstehen, dass wir das so nicht hinnehmen können und wollen. Sollte dieser Termin eingehalten werden, was angesichts der bislang nicht weiter verfolgten, aber unabdingbaren Voruntersuchungen überhaupt nicht sicher und letztlich nur eine Willensbekundung sein kann, so wäre die Kirche dreieinhalb Jahre geschlossen gewesen. Ein unglaublicher Vorgang, auch angesichts der offenbar gut gefüllten Kassen der Stadt Ingolstadt, wie Bürgermeister Wittmann im Donaukurier ja erst vor einigen Monaten versichern konnte. Umso mehr ist dies auch für die Stadt Ingolstadt ein aus unserer Sicht peinlicher Vorgang, wenn man bedenkt, dass in der gleichen Woche, in der die Sebastianskirche schließen musste, auch die Franziskanerkirche aus mindestens genauso aufwändigen statischen Problemen gesperrt wurde. Diese konnte jedoch schon im März 2017 wieder geöffnet werden. Dort liegt die Trägerschaft jedoch bei der Diözese Eichstätt und nicht bei der Stadt Ingolstadt.
Es geht hierbei jedoch nicht nur um die denkmalpflegerische Verantwortung der Stadt Ingolstadt, sondern auch um die Nutzung dieser Kirche für Gottesdienste und Gedenkfeiern. Viele Gruppen, die in den letzten Jahrzehnten hier für Ihre Veranstaltungen einen würdigen Rahmen gefunden haben, sprechen uns immer wieder an, wie denn der Stand der Sanierung sei. Und es ist gelinde gesagt ärgerlich, wenn man die Leute immer wieder vertrösten und darauf verweisen muss, dass die Stadt bemüht sei, eine Lösung zu finden. Dies ist für uns angesichts der Mail von Herrn Ring ab sofort nicht mehr möglich. Wie sollen wir dem Förderverein Krebskranker der Region oder dem Hospizverein erklären, dass ihre Gedenkgottesdienste nicht in der Sebastianskirche abgehalten werden können, weil die Sanierung, deren Ausführung ein paar Monate in Anspruch nehmen wird, mindestens noch zwei Jahre auf sich warten lässt - also insgesamt dreieinhalb Jahre?
Wie soll Herr Pfarrer Oswald reagieren, wenn er von Gläubigen, die an den wöchentlichen Gottesdiensten teilnehmen wollen, auf diesen Missstand hingewiesen wird? Wie sollen wir der rumänisch-orthodoxen Gemeinde, die hier eine neue Heimat gefunden hat und das Gotteshaus intensiv nutzt, erklären, dass es noch mindestens zwei Jahre bis zur Wiedereröffnung dauern wird? Wie will die Stadt argumentieren, dass die Sanierung noch zwei Jahre auf sich warten lässt, wenn hohe Fördermittel seitens der Denkmalpflege in Aussicht gestellt sind - und das nicht nur für die Ausführung selbst, sondern auch für die dringend nötigen Voruntersuchungen? Wie sollen wir einen Termin für eine Wiedereröffnung kommunizieren, wenn offenbar bislang noch nicht einmal ein denkmalerfahrener Architekt beauftragt wurde? Wie ist eine so genaue terminliche Festlegung überhaupt möglich, wenn noch nicht einmal das gesamte Kirchenschiff untersucht wurde, was sowohl seitens des Statikbüros als auch des Landesamtes für Denkmalpflege als unabdingbar gefordert wurde? Es ist sehr erfreulich, dass sich die Stadt, und das vor allem in Ihrer Person, Herr Oberbürgermeister, in der letzten Zeit verstärkt der historischen Bausubstanz angenommen hat. Ihr Stadtspaziergang im August hat das Interesse der Bürger auch gezeigt. Georgianum, Dallwigk, Feldkirchner Tor, all dies sind wichtige Baudenkmäler ihrer Zeit und werden von der Stadt oder in Kooperation mit ihr saniert und neuen Nutzungen zugeführt. Bitte nehmen Sie sich auch der Sebastianskirche an, die in diesem Stadtviertel sicherlich eines der bedeutendsten historischen Gebäude darstellt. Schon bei ihrem Bau wurde sie von den Bürgern der Stadt errichtet, im Dreißigjährigen Krieg von Bürgern erweitert, 1830 von Bürgern vor dem Abbruch gerettet und hoffentlich 2018 für die Bürger wieder geöffnet.
Bitte unterstützen Sie unser Anliegen, das vom Landesamt für Denkmalpflege, der Heimatpflege und von vielen Bürgern und Gruppen der Stadt unterstützt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Tobias Schönauer
1. Vorsitzender
Heimatpfleger der Stadt Ingolstadt
Barbara Leininger
2. Vorsitzende“