Die Ingolstädter Stadtverwaltung verweist auf kritische Stellungnahmen verschiedener Behörden und Institutionen.
(ir) Ingolstadts Bildungsreferent Gabriel Engert hat in dieser Woche nach Prüfung von Ergebnissen von Behörden und Institutionen im Ergebnis bemerkt: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es nach wie vor ausgesprochen fragwürdig ist, ob Lüfter den entsprechenden Effekt erzeugen. Die Frage, wie gut Unterricht in Räumen beziehungsweise Betrieb in Kindertagesstätten möglich ist, hängt vom intensiven Lüften ab. Dazu gibt es für die Schulen und die Kindertagesstätten klare Regeln. Zur Unterstützung dieser Regeln werden wir in großer Stückzahl C02-Ampeln anschaffen, um in den Räumen jeweils den Erzieherinnen bzw. Lehrer und Lehrerinnen vor Augen führen zu können, wann ein Lüften unbedingt stattfinden muss. Nur in Räumen, in denen ein Lüften nicht möglich ist und auch keine Lüftungsanlage mit Frischluftzufuhr vorhanden ist, werden wir vereinzelt Lüfter anschaffen. Ich glaube, dass gerade eine verantwortliche Prüfung solcher Entscheidungen notwendig ist, denn ein Aktionismus, der am Schluss mehr Schaden als Nutzen hervorruft, dient in dieser Pandemie niemand“.
In seiner Vollversammlung am Mittwoch, 11. November 2020 wird sich auch der Stadtrat mit diesem Thema befassen und dazu diskutieren. Das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München stellt zum Thema Lüfter in Schulen fest: „Es liegen bislang keine wissenschaftlichen Studien vor, die nachweisen, dass durch Einsatz der Geräte eine Übertragung speziell hinsichtlich COVID-19 maßgeblich verhindert wird. Stattdessen ist nicht auszuschließen, dass die durch das Gerät entstehende Luftbewegung sogar das Gegenteil bewirken könnte.
So ist beispielsweise bei den üblicherweise vorgeschlagenen Geräten mit Hepa-Filtern zu beachten, dass ein tägliches Aufheizen für zirka 30 Minuten auf 100 Grad notwendig ist, damit diese nicht zu einer ‚Virenschleuder‘ werden und dann im Gegenteil eine erhöhte Infektionsgefahr von den Geräten ausgeht. Derartige Wartungs- und Pflegeaufwände sind an den Schulen nicht mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten.
Im Vordergrund der Übertragung von Coronaviren stehen wohl nach neueren Erkenntnissen Tröpfchen, wie sie beim Sprechen oder Husten in ein begrenztes Umfeld abgegeben werden. Demgegenüber wird die Übertragung über Aerosole (feinste Tröpfchen kleine 5 µm), die über größere Distanzen über die Luft verfrachtet werden als eher gering eingeschätzt.
In einer aktuellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. heißt es: „Die epidemiologischen Daten sprechen gegen einen nennenswerten Aerosolassoziierten Anteil an der SARS-CoV-2-Ausbreitung“. Deshalb stellt das konsequente Befolgen der AHA-L-Maßnahmen die Basis der Prävention dar und kann durch andere Maßnahmen nicht ersetzt werden. Alle Maßnahmen, die das Aufweichen oder eine Scheinsicherheit verbreiten, werden vom RGU kritisch gesehen. Mobile Raumluftreinigungsgeräte können im Gegensatz zu AHA-L-Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit der Übertragung bei einem durchschnittlichen Infizierten, der Viren ausscheidet, nicht so deutlich verringern, dass eine Infektion bei einer diesem exponierten Person weitgehend verhindert werden kann. In anderen Worten, sie nützen nichts, wenn der Sitznachbar krank ist.
Die Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) des Umweltbundesamtes zeigt sich in ihrer Stellungnahme ebenso skeptisch: „Der Einsatz von mobilen Luftreinigern mit integrierten HEPA-Filtern in Klassenräumen reicht nach Ansicht der IRK nicht aus, um wirkungsvoll über die gesamte Unterrichtsdauer Schwebepartikel (zum Beispiel Viren) aus der Raumluft zu entfernen.“ Auch nach einem Expertengespräch zum Thema Lüften an Schulen in Rheinland-Pfalz wurde festgehalten: „Zum aktuellen Zeitpunkt sind mobile Luftreinigungsgeräte in Innenräumen nicht empfehlenswert, da es bisher keine anerkannten standardisierten Prüfverfahren gibt und verschiedene Faktoren (zum Beispiel ungünstige Raumgeometrien, Standortwahl der Geräte im Raum, Anzahl der Personen) die Wirksamkeit stark einschränken und ggf. gesundheitliche Risiken mit sich bringen können. Geräte, die die Luft unkontrolliert im Raum verbreiten, können möglicherweise zur Virenverbreitung beitragen. Die Geräte müssen kontinuierlich fachgerecht gewartet und die Filter sachgerecht entsorgt werden.“