Hinter den Kulissen wurde im Ingolstädter Klinikum der Ernstfall vorbereitet.
(ir) Das öffentliche Leben scheint derzeit still zu stehen – das Coronavirus beherrscht nicht nur die Medien, sondern auch das Privatleben. Die Verunsicherung ist groß. Was noch kommt, keiner vermag das zu sagen. Experten vermuten: Das Schlimmste ist noch nicht ausgestanden. Im Zentrum der Krise stehen deshalb auch die Krankenhäuser. Da stellen sich Fragen nach der Bettenkapazität, der Schutzausrüstung und auch nach dem Personal. Doch ein Blick hinter die Kulissen ist in diesen Zeiten gar nicht so einfach. Längst haben Krankenhäuser Besucherstopps verhängt und lassen niemanden mehr in ihre Häuser. So auch das Klinikum Ingolstadt. Was also passiert dort gerade hinter den verschlossenen Türen? „Viel“, sagt Dr. Andreas Tiete, der medizinische Geschäftsführer des Klinikums. „Wir haben in den vergangenen Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, uns auf den absoluten Ernstfall vorzubereiten.“ Der absolute Ernstfall – Dr. Tiete meint damit einen sprunghaften Anstieg der Corona-Patienten. Auch wenn in Ingolstadt die Zahl der Infizierten noch nicht so rasant ansteigt wie andernorts. „Dass das aber so bleibt, davon können wir nicht ausgehen. Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen“, warnt der medizinische Geschäftsführer. Deshalb habe man bereits vorgesorgt, Platz geschaffen und auch Patienten logistisch sinnvoll im Haus verlegt.
„Aktuell führen wir vor allem lebensrettende Notfalloperation und komplexe Krebstherapien durch, auch Geburten finden weiterhin im Klinikum statt. Aber alles, was nicht sein muss, wurde verschoben“, erklärt Dr. Tiete. So sei es gelungen, fünf Operationssäle stillzulegen und damit auch wichtige Kapazitäten auf der Intensivstation frei zu halten. Zudem habe das Team der Intensivmedizin gemeinsam mit der Abteilung Einkauf fieberhaft daran gearbeitet, die Zahl der Beatmungsplätze zu verdoppeln. „Wir haben die Möglichkeit geschaffen, zusätzlich weitere 40 Intensivbetten aufzustellen, an denen auch beatmet werden könnte.“ Hinzu kommt die Infektionsstation mit 40 Betten für mögliche Covid-19-Patienten, die keine intensivmedizinische Versorgung benötigen. Der Bereich kann kurzfristig um eine Vielzahl weiterer Betten erweitert werden. Teilweise sind die entsprechenden Stationen laut Dr. Tiete bereits frei.
Und wenn es wirklich hart auf hart kommt, gibt es auch die Möglichkeit, auf die Turnhalle des Berufsbildungszentrums für Gesundheit Ingolstadt (BBZ) auszuweichen. Dort hat die Johanniter-Unfall-Hilfe bereits 35 Feldbetten aufgebaut. „Alles, was wir vorbereiten konnten, haben wir getan“, sagt Dr. Tiete – was nicht heiße, dass man nun nur noch abwarte. „Unsere Krisenstäbe tagen nach wie vor regelmäßig und beurteilen die Situation mehrmals täglich neu, damit stets zügig reagiert werden kann“, so der 56-Jährige. Zusätzlich hat man im Klinikum weitere Laborkapazitäten aufgebaut, um Patienten, die bereits im Haus sind, ebenso wie Mitarbeitende schnell testen zu können. „Das ist für uns immens wichtig. Der Schutz des Personals hat oberste Priorität“, betont Dr. Tiete.
Und apropos Personal: Natürlich fragen sich viele, ob die Personaldecke im Klinikum angesichts der starken Belastung, die die Coronakrise mit sich bringt, ausreicht und wie es den Mitarbeitenden im Klinikum eigentlich geht. „Die Situation ist nicht nur körperlich, sondern auch mental belastend für alle, das ist richtig“, bestätigt Monika Röther, die kaufmännische Geschäftsführerin im Klinikum. Dennoch bemerke sie, dass der Zusammenhalt im Personal gerade jetzt besonders stark sei und das mache sie, „auch froh und lässt mich zuversichtlich auf die kommenden Wochen blicken“. Technik und Infrastruktur seien wesentlich – doch ohne eine starke Mannschaft gehe gar nichts. „Was unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz der vielen Einschränkungen gerade leisten, ist überwältigend“, sagt sie überzeugt. Die erweiterten Schutz- und Hygienemaßnahmen sowie die Umzüge mehrerer Stationen seien von den Mitarbeitenden schnell umgesetzt worden. Gleichzeitig sind Nachschulungen für Mitarbeiter anderer Bereiche für den Einsatz auf Intensiv- und Infektionsstationen im Eiltempo auf die Beine gestellt worden.
Ebenso überwältigend sei die Hilfsbereitschaft. Um stets ausreichend Personal im Haus zu haben, wurden Mitarbeitende im Ruhestand ebenso wie Mitarbeitende in Elternzeit und Teilzeit mit der Bitte um Unterstützung angeschrieben. „Die Resonanz darauf ist sehr positiv“, so Röther. Und auch von Bürgern bekomme das Klinikum immer wieder Hilfe angeboten. „Auch über diese Angebote freuen wir uns.“ Hier könne man sich auch noch bewerben. Gesucht würden Helfer mit „medizinischem oder pflegerischem Hintergrund“. Helfer können sich per E-Mail an
Insgesamt sieht die Geschäftsführung das Klinikum Ingolstadt gut vorbereitet. Sowohl was die technische Ausstattung angehe als auch was die Mitarbeitenden betreffe. Und dennoch hofft sie, dass „wir all das, was wir jetzt vorbereitet haben, nie komplett ausschöpfen müssen.“