Regionale Wirtschaft leidet unter Fachkräftemangel


 
Engpass verursacht volkswirtschaftliche Verluste in Höhe von über 1 Milliarde Euro.

(ir) Die Fachkräftelücke in den Unternehmen der Region 10 hat binnen Jahresfrist um 20 Prozent zugenommen. Trotz des aktuellen Beschäftigungsrekords fehlen den Betrieben in der Stadt Ingolstadt, den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen über alle Berufsgruppen hinweg etwa 12.000 qualifizierte Mitarbeiter. Aufgrund dieses Engpasses können rund 5,5 Prozent aller in der Region angebotenen Arbeitsplätze für Fachkräfte nicht besetzt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Auswertung des IHK-Fachkräftemonitors Bayern.

Die heimischen Betriebe suchen dabei vor allem beruflich qualifizierte Mitarbeiter. Besonderer Mangel herrscht in Berufen der Unternehmensführung und -organisation, zum Beispiel bei Industrie- und Bürokaufleuten. Weit oben auf der Wunschliste der Unternehmen stehen auch Mitarbeiter in Berufen der technischen Forschung und Entwicklung, Konstruktions- und Produktionssteuerung wie Industriemeister und Modellbaumechaniker. Mitarbeiter in Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen sind ebenfalls Mangelware. Dazu zählen unter anderem Maschinen-, Service- und Fertigungsmechaniker.



„Der Fachkräftemangel bremst unsere Wirtschaft massiv aus. 65 Prozent der Betriebe in der Region 10 bezeichneten ihn in der IHK-Konjunkturumfrage vom Frühjahr als Geschäftsrisiko. Sie müssen aufgrund fehlender Kapazitäten Aufträge verschieben oder ablehnen. Unserer regionalen Wirtschaft entgeht dadurch in diesem Jahr eine Wirtschaftsleistung von fast 1,1 Milliarden Euro. In ganz Oberbayern sind es sogar neun Milliarden“, erklärt Fritz Peters, Sprecher des IHK-Forums Region Ingolstadt.

Auch für die Zukunft gibt es keine Entwarnung. Im Gegenteil: bis 2030 wird sich die Lücke in der Region auf 21.000 Fachkräfte erhöhen. In Oberbayern, wo aktuell 103.000 Fachkräfte fehlen, wird sie sich bis dahin auf 195.000 nahezu verdoppeln. Der jährliche Bruttowertschöpfungsverlust wird in Oberbayern bis 2030 auf 18,3 Milliarden Euro anwachsen, in der Region 10 auf fast zwei Milliarden. Bedenklich stimmt auch die demografische Entwicklung. So erhöht sich das Durchschnittsalter in den Unternehmen von derzeit 43,6 Jahren auf 48,6 Jahre im Jahr 2030.

„Angesichts dieses bedrohlichen Szenarios für unsere Betriebe muss die Bekämpfung des Fachkräftemangels an erster Stelle stehen – in den Unternehmen, aber auch in der Politik. Wir müssen sicherstellen, dass die alarmierenden Prognosen bis 2030 gar nicht erst eintreten“, sagt Peters. Er fordert vor allem mehr Frauen als Fach- und Führungskräfte, um den Personalengpass in der Wirtschaft zu lindern. „Dieses Potenzial ist derzeit jedoch begrenzt erschließbar, weil die Kinderbetreuungsmöglichkeiten unzureichend sind. Außerdem setzt das Steuer- und Sozialsystem nur magere Anreize für Arbeitszeitverlängerungen“, kritisiert der Forums-Sprecher.



Gleichzeitig beklagt die Wirtschaft, dass die Politik mit der „Rente mit 63“ die Weichen langfristig auf geringere Beschäftigungsquoten älterer Arbeitnehmer gestellt hat. Auch mit dem geplanten Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit werde der Fachkräftemangel weiter befeuert.

Peters bekräftigt, dass die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland für die Wirtschaft ein wichtiger Teil der Problemlösung bleibe. Der Stellenaufbau in der Region 10 werde bereits jetzt zu 41 Prozent von ausländischen Fachkräften getragen. „Der Anteil der Beschäftigten ohne deutschen Pass in der Region ist zwischen 2012 und 2017 von 8,2 auf 13,1 Prozent gestiegen“, so Peters. Es stehe deshalb außer Frage, dass Bayern und Deutschland ein neues Zuwanderungsgesetz brauchen. Zugewanderte Fachkräfte helfen, dem Standort langfristig seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten.