Schon seit langem ist es in Oberhaunstadt Tradition, dass der Volkstrauertag eine Woche eher gefeiert wird.
Von Helmut Schlittenlohr
(ir) Auch heuer zogen wieder die örtlichen Fahnenabordnungen der Feuerwehr Haunstadt, der Marinekameradschaft, des Soldaten- und Kriegervereins, des TSV Oberhaunstadt mit den Sängern des Männergesangverein ab dem „Metzgergangerl“ in Oberhaunstadt unter den Klängen der Lentinger Kapelle Schneeberger in die Kirche St. Willibald ein. Dort feierten sie mit dem örtlichen Pfarrer Mieczyslaw Bobras zum Gedenken für alle Verstorbenen der Vereine eine Gedenkmesse, die die Sänger des MGV stimmgewaltig unterstützten.
Die anschließende Gedenkfeier vor dem Kriegerdenkmal am Dorfplatz Oberhaunstadt gestalteten wiederum die Sänger des Männergesangvereins und die Lentinger Kapelle zu einem würdevollen Rahmen. Stadtrat Robert Schidlmeier als Vertreter der Stadt Ingolstadt verteilte vor seiner Rede symbolisch ein Stück Stacheldraht, um zu fragen „warum errichten Menschen mit Stacheldraht Zäune und Barrieren?“ Sie wollen einzäunen oder ausgrenzen. Doch auch kein Stacheldrahtverhau, kein Westwall und auch keine anderen Sperren verhinderte, dass im 1.Weltkrieg 18 Millionen und im 2. Weltkrieg zirka 60 Millionen Tote zu beklagen waren. Und Stadtrat Schidlmeier fragte auch: „Wie war es hinter den Stacheldrahtverhauen für die Soldaten, für die Flüchtenden, für die Vertriebenen und auch für die Zivilisten?“ Er erinnerte an den 8. Mai 1945, als endlich die Waffen stillstanden. Deutschland stand nicht still, 14 Millionen Menschen waren auf der Flucht vor und nach dem Waffenstillstand. Die Deutschen machten sich auf den Weg um ein neues, friedliches von Demokratie geprägtes Land aufzubauen. Doch wieder gab es Stacheldraht, unser Land wurde in Ost und West geteilt. An der innerdeutschen Grenze starben bis zu 300 Menschen beim Versuch den Stacheldraht zu überwinden. Doch vor nunmehr 30 Jahren waren die Ungarn die ersten, die im Sommer 1989 den Stacheldraht durchschnitten und damit Tausenden von Bürgern aus Ostdeutschland die Flucht in den Westen ermöglichten. Das war der friedliche Anfang vom Ende von 1.300 Kilometern menschenverachtendem Stacheldraht, der sich quer durch Deutschland zog.
Mit großer Sorge müssen wir deshalb wegen dieser Vergangenheit auf so viele gewalttätige Entwicklungen in der jetzigen Zeit schauen. Weltweiter Terrorismus mit grausamen Anschlägen erschrecken uns. Aber auch in unserem Land gibt es seit geraumer Zeit Drohungen, Morddrohungen, die sich gegen Politiker richten. Der kaltblütige Mord gegen den Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübcke erschreckt uns. Auch zunehmender Antisemitismus nimmt zu und die kaltblütige Ermordung von zwei Menschen im Umfeld der Synagoge von Halle erschüttert uns. Es sind somit nicht nur politische Äußerungen und Reden die uns Sorge bereiten, auch Polizei, Sanitäter, Ärzte oder auch Feuerwehrler werden durch Übergriffe und Gewalt verletzt, obwohl sie doch helfen wollen. Geben wir keinem populistischem Zeitgeist nach, bewahren wir die Grundwerte unserer Verfassung und treten für demokratische Ziele, so Schidlmeier am Ende seiner Rede. Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Michael Kraus und Bezirksausschuss-Mitglied Franz Hofmeier legten zum Abschluss der Feier einen Kranz zum Gedenken an alle Toten und Gefallenen nieder.
Das Foto zeigt Stadtrat Robert Schidlmeier bei der Ansprache.