Immer mehr Mädchen mit Ängsten im Krankenhaus


 
Der DAK-Kinder- und Jugendreport für Bayern untersuchte in Sonderanalyse die Krankenhausdaten der Jahre 2018 bis 2022.

(ir) Kinder und Jugendliche in Bayern sind durch anhaltende Krisen weiter stark psychisch belastet. Vor allem Mädchen sind betroffen. So wurden 2022 fast 39 Prozent mehr Teenagerinnen zwischen 15 und 17 Jahren mit einer Angststörung in Kliniken versorgt als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das war ein neuer Höchststand. Auch die Behandlungszahlen bei Essstörungen und Depressionen nahmen deutlich zu. Das zeigt eine Sonderanalyse zur stationären Behandlung psychischer Erkrankungen im DAK-Kinder- und Jugendreport für Bayern. Mediziner sehen wachsende Zukunftsängste bei jungen Menschen und warnen vor einer „Mental-Health-Pandemie“ durch Seelenleiden. DAK-Landeschefin Sophie Schwab fordert eine Präventionsoffensive zur Stärkung der psychischen Gesundheit.



Für die aktuelle DAK-Sonderanalyse im Rahmen des Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 106.000 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Bayern versichert sind. Analysiert wurden Krankenhausdaten aus den Jahren 2018 bis 2022. Es ist die erste umfassende Analyse von Klinikbehandlungen für das vergangene Jahr.



„Die massive Zunahme von Ängsten, Essstörungen und Depressionen bei Mädchen ist ein Hilfeschrei, der uns wachrütteln muss“, sagt Sophie Schwab, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Bayern. „Die anhaltenden Krisen hinterlassen tiefe Spuren in den Seelen vieler junger Menschen, wobei die aktuellen Krankenhausdaten nur die Spitze des Eisbergs sind. Wir müssen offen über die Entwicklung sprechen und den Betroffenen und ihren Familien Unterstützung und Hilfe anbieten.“ Die Politik habe bereits wichtige Impulse gesetzt. Das Modellprojekt „Mental Health Coaches“ an Schulen ist wichtig, kann aber nur ein erster Schritt sein. „Wir brauchen sehr kurzfristig eine breite Präventionsoffensive in Schulen, Vereinen und Verbänden, um die psychische Gesundheit von Mädchen und Jungen zu stärken“, fordert Schwab. „Wir dürfen sie und ihre Eltern nicht allein lassen.“



2022 wurde bei jugendlichen Mädchen in Bayern ein neuer Höchstwert bei stationär versorgten Angststörungen erreicht: Hochgerechnet auf alle Jugendlichen in der Altersgruppe 15 bis 17 kamen 2022 in Bayern rund 950 Mädchen mit einer Angststörung ins Krankenhaus. Das entspricht einem Anstieg von 39 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Auch bei Essstörungen und Depressionen nahmen die Krankenhausbehandlungen jugendlicher Mädchen zu: So stieg die Zahl der Klinikaufenthalte 2022 im Vergleich zu 2019 bei Essstörungen um 49 Prozent an, bei Depressionen nahmen die Behandlungszahlen um 37 Prozent zu.



„Wir befinden uns mitten in einer Mental-Health-Pandemie, deren Auswirkungen erst nach und nach sichtbar werden. Das zeigt sich bereits jetzt besonders im Bereich der Angststörungen und der Essstörungen“, sagt Prof. Dr. med. Christoph U. Correll, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Berliner Charité als Bewertung der neuen DAK-Sonderanalyse.



„Durch die seit der frühen Kindheit bestehende Beziehung der Jugendlichen zu ihren Kinder- und Jugendärztinnen und -ärztewerden die psycho-sozialen Belastungen der Jugendlichen sehr frühzeitig deutlich: um hier mit einer sozial-pädiatrische Unterstützung einen psychotherapeutischen Behandlungsbedarf vermeiden zu können oder im Bedarfsfall eine psychotherapeutische Therapie einleiten zu können, brauchen wir eine enge Vernetzung mit den Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten vor Ort. Je mehr wir es schaffen bürokratische Überregulierung im Alltag abzubauen, umso mehr Zeit haben wir für diese wichtige und sinnvolle Netzwerkarbeit“, sagt Dr. Michael Hubmann, 2. stellvertretender Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jungendärzte (BVKJ) in Bayern und designierter Präsident des BVKJ.



Die DAK-Sonderanalyse zeigt, dass Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren häufiger aufgrund psychischer Erkrankungen in Kliniken sind als Jungen. Drei Beispiele verdeutlichen diesen Gender Gap auch für Bayern: Von hochgerechnet 1.150 Jugendlichen, die mit einer Angststörung stationär behandelt wurden, waren 950 Mädchen. 700 Jugendliche kamen mit einer Essstörung ins Krankenhaus, davon waren 650 weiblich. Von 3.400 Jugendlichen mit einer stationären Behandlung aufgrund von Depressionen waren 2.850 Mädchen. Bei Schulkindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren zeigt sich ein ähnliches Bild.



„Mädchen neigen eher zu internalisierenden psychischen Störungen als Jungen. Sie ziehen sich beispielsweise mit Depressionen und Ängsten eher in sich zurück. Bei Jungen sind externalisierende Störungen häufiger zu beobachten. Jungen zeigen tendenziell häufiger ein Verhalten, das nach außen gerichtet ist, also zum Beispiel aggressive Verhaltensmuster. Dass dies durch die Pandemiesituation nochmals verstärkt worden ist, ist unbestritten,“ sagt Dr. Hubmann. „Depressionen, Angst- und Essstörungen sind häufig in stationärer Behandlung, während gerade die Verhaltens- und emotionalen Störungen im ambulanten Bereich versorgt werden.“



Insgesamt wurden 2022 weniger Kinder und Jugendliche in Bayern mit psychischen oder Verhaltensstörungen in Kliniken behandelt als vor der Corona-Pandemie. Werden alle sogenannten F-Diagnosen, also Diagnosen, die psychische und Verhaltensstörungen beschreiben, zusammengefasst, ergibt dies 2022 bei Jugendlichen einen Rückgang von 11 Prozent im Vergleich zu 2019. Damit entspricht Bayern dem Bundestrend.



„Die Begründung für den Rückgang der Behandlungszahlen im Bereich psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist wahrscheinlich auf die Covid-Pandemie zurückzuführen. Wir hatten in deutschen Kliniken schlicht weniger Kapazitäten zur Verfügung“, sagt Prof. Correll. „Während des Pandemie-Verlaufs mussten wir durch Covid-Infektionen Bettenkapazitäten reduzieren und auch mit weniger Personal aufgrund von Krankheitsausfällen agieren. Das führte auch dazu, dass vor allem schwerere Fälle stationär behandelt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist der Anstieg von Angststörungen, Essstörungen und Depressionen als noch dramatischer zu bewerten.“





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