Corona-Schnelltest: Stadtrat Böhm verfasst offenen Brief



Ein offener Brief von Arzt und SPD-Stadtrat Dr. Anton Böhm erreichte unsere Redaktion.

„Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Jens Spahn,
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Markus Söder,

seit Wochen redet die Politik darüber, dass mit Coronaschnelltest deutliche Verbesserungen für die Patienten zu erzielen sein werden. Sie Herr Spahn sprechen sogar von Rapidtest für zu Hause. Jetzt sind diese Schnelltest da, aber die Politik und die Verwaltung haben es wieder einmal wie in der ganzen Pandemie versäumt konkrete Vorgaben hierzu auszuarbeiten.




Es gibt für die niedergelassenen Ärzte bis jetzt keine Abrechnungsnummer bei den gesetzlichen Krankenkassen, so dass gerade die kranken Infektpatienten für die eine schnelle Diagnose enorm wichtig wäre, diese Rapidtest selbst zahlen müssen, während für Reisende aus Risikogebieten und andere die Wunschabstriche weiterhin kostenlos sind.



Der Gipfel aber ist, dass die Gesundheitsämter bis jetzt noch keine Vorgaben haben, wie mit den Ergebnissen der Schnelltest umzugehen ist, so dass wir bei positivem Schnelltest einen zweiten „langsamen“ PCR-Abstrich zur Sicherheit machen müssen und uns so zweimal dem Risiko aussetzen angehustet und somit infiziert zu werden.



Ich fordere Sie auf sofort die notwendigen Richtlinien zu erlassen und den Krankenkassen Abrechnungsnummern und ein entsprechendes Honorar vorzugeben. Außerdem ist es absolut nicht nachvollziehbar, dass Hausärzte/innen die seit Beginn der Pandemie bei Fieber- und Infektpatienten zur Klärung der Differentialdiagnose einen Covid-Abstrich genommen haben, das gleiche Honorar erhalten wie Kolleg/innen, die sich geweigert haben Abstriche zu machen oder sogar Covidpatienten zu behandeln.



Somit brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass zu wenige Mediziner Abstriche machen und die Politik sich gezwungen sieht externe, teure Fieberambulanzen einzurichten. Seit dem 1. Oktober 2020 gibt es ja nun eine Zusatzpauschale für den Abstrich bei Kranken von sage und schreibe zirka 8,75 Euro.



Auch hier handelt es sich um ein eklatantes Fehlverhalten von Politik, Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, die die im Gesundheitswesen Tätigen im Regen stehen lassen. Ich fordere statt warmer Worte (feuchter Händedruck geht zurzeit ja leider nicht) eine rückwirkende Bezahlung der Tätigkeit und des damit eingegangenen Risikos. Es sind meines Wissens bisher mindestens 21 Menschen im arbeitsfähigen Alter im deutschen Gesundheitswesen an Corona verstorben. Wie viele Tausende an bleibende Schäden leiden ist nicht bekannt – aber das interessiert offensichtlich kaum.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Anton Böhm“