Freie Wähler umgarnen Bäume



Mit einer Baumschutzaktion in der kleinen Grünanlage an der Schutterstraße haben die Freien Wähler gegen den dort geplanten Bau der Kammerspiele demonstriert. 

(ir) Zwölf Bäume, die dem Theaterbau weichen müssten, wurden von den Freien Wählern „eingestrickt“. Rund 60 Kilogramm Wolle hat eine Gruppe von FW-Mitgliedern und Unterstützerinnen seit Ende Juli 2020 für diese Aktion verarbeitet. „Jeder Baum steht sinnbildlich für unseren Widerstand gegen die Kammerspiele“, erklärte FW-Fraktionsvorsitzender Hans Stachel.



Die Freien Wähler lehnen die Rodung der Innenstadtbäume ab, „nicht, weil wir die neuen Grünen in Ingolstadt sind, sondern weil uns das Grün in der Innenstadt wichtig ist,“ sagte Stachel. Er wies auf die Klausur der Grünen-Stadtratsfraktion hin, die auf die Bedeutung des Innenstadtgrüns für das Mikroklima aufmerksam gemacht habe und die Aufenthaltsqualität in den innerstädtischen Grünanlagen verbessern wolle. „In der Praxis aber treten die Grünen für die Abholzung von Bäumen mitten in der Innenstadt ein; wenn es um einen Kulturtempel geht, gelten für die Grünen offenbar andere Gesetze“, betonte Stachel.



Den Freien Wählern ist aber auch der Erhalt der Tiefgaragenplätze ein Anliegen. Eine Ausweitung des abendlichen Kulturangebots bei gleichzeitiger Reduzierung des Parkplatzkapazitäten wird laut Stachel unweigerlich zu Problemen führen: „Wer glaubt, in einer Autostand die Bürgerinnen und Bürger umerziehen zu müssen oder zu können, der irrt.“ Die wenigsten Theaterbesucher würden zu Fuß, mit Bus oder Rad kommen. Ein Teil der gerade erst sanierten Theatertiefgarage werde dem Theaterbau zum Opfer fallen, der Nachhaltigkeitsgedanke werde dabei mit Füßen getreten.



Auch auf die Kosten der Kammerspiele kam Stachel zu sprechen. 40 Millionen Euro in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalt für ein umstrittenes Projekt auszugeben, sei fahrlässig. Außerdem gehe es keineswegs allein um die Baukosten, sondern auch um die Folgekosten. Stachel wiederholte die aktuelle Forderung der FW, die Sanierung des Stadttheaters zügig anzugehen. Eine Ersatzspielstätte sei gerade im Entstehen – das Kongresszentrum. „Wir müssen nur für die Ausstattung etwas Geld in die Hand nehmen, dann kann dort Theater gespielt werden“, sagte Stachel. Außerdem könnten kleine Ortsbühnen, innovative Veranstaltungsräume und eine Ausweitung des Freilichtangebots eine Alternative sein. „Wir müssen das nur wollen.“



Keinen Zweifel ließ Stachel daran, dass im Zuge der Theatersanierung gute Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters geschaffen werden müssen – vor und hinter der Bühne. Das Stadttheater und der Festsaal müssten zusammen mit einer funktionierenden und attraktiven Gastronomie wieder zum zentralen Kultur- und Veranstaltungsort mit Niveau werden. Diese Funktion könne das Stadttheater auch in Zukunft erfüllen, ein weiteres Theatergebäude sei dafür nicht erforderlich. Stachel dankte allen Unterstützern der Aktion, freute sich über den großen Zuspruch und lud die Bürgerinnen und Bürger dazu ein, mitzuhelfen, weitere Bäume zu umstricken und damit die Ablehnung des Projekts Kammerspiele zum Ausdruck zu bringen.