„Sicherer Hafen Ingolstadt“ steht auf den Bierdeckeln, die seit Anfang Juli 2019 auf den Tischen und Theken vieler Lokale Ingolstadts aufgetaucht sind.
(ir) Hinter den Bierdeckeln (Foto) steckt eine Initiative Ingolstädter Gastronomen, die auf diese Weise darauf aufmerksam machen wollen, dass im Umgang der EU und seiner Mitgliedsstaaten mit dem Flüchtlingsdrama im Mittelmeer etwas schiefläuft. Über 12.000 Bierdeckel und Plakate in Cafés, Kneipen und Clubs machen das Thema zum Stadtgespräch.
Der Initiative haben sich bereits zahlreiche Gastronomen angeschlossen. Teilnehmer zum Stand 10. Juli 2019 sind: Tin Tin, E-Wirt, Diagonal, Amadeus, Suxul, Tam Tam, Tagtraum, Swept Away, Liebe & Triebe Nest, Lui liebt.Baumstriezel und eiskoid.de. „Es gibt weitere Anfragen“, so Michael Kraus, Sprecher der Initiatoren. Gastronomen, die sich noch kurzfristig anschließen möchten, können sich gerne unter der E-Mail-Adresse
Die Wirte wollen aber auch konkret helfen: Unter dem Slogan „Unser bayerisches Rettungsschiff im Mittelmeer unterstützen“ wird auf der Rückseite der Bierdeckel zu Spenden für das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der in Bayern ansässigen Hilfsorganisation Sea-Eye aufgerufen. Die „Alan Kurdi“ machte erst vor wenigen Tagen Schlagzeilen, als sie nach einer mehrtägigen Irrfahrt 65 Gerettete nach Malta gebracht hatte. Am Tag darauf rettete die Crew in Zusammenarbeit mit der maltesischen Küstenwache wieder über 40 Menschen, darunter drei Kleinkinder. Bei einer der nächsten Missionen wird auch wieder ein Ingolstädter mit an Bord sein.
Die Kampagne „Sicherer Hafen Ingolstadt“ ist unabhängig von jeglicher politischen Partei, bezieht sich aber auf den Antrag „Ingolstadt ein sicherer Hafen“, über den der hiesige Stadtrat Ende Juli entscheiden soll. Der Antrag, dass sich Ingolstadt per Stadtratsbeschluss zum sicheren Hafen für Mittelmeerflüchtlinge im Sinne der Aktion Seebrücke erklären soll, wurde von der Fraktion der BGI (Bürgergemeinschaft Ingolstadt) und der ÖDP-Stadtratsgruppe nach Gesprächen mit Vertretern der Hilfsorganisationen vorbereitet. Formell eingereicht wurde der Antrag zwischenzeitlich von den Ingolstädter Grünen. „Auch aus SPD-Kreisen wurde Unterstützung zugesagt“, so Kraus weiter. Das Thema ist für die Tagesordnung der Stadtratssitzung vom 25. Juli 2019 vorgesehen. „Die Stadt würde sich dadurch mit den Menschen auf der Flucht solidarisieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine Entkriminalisierung der privaten Seenotrettung anstreben. Außerdem soll die Möglichkeit einer schnellen und unkomplizierten Aufnahme und Unterbringung von aus akuter Seenot geretteten Menschen geprüft werden“, schildert Kraus. Und er fügte hinzu: „Die Stadtgesellschaft würde durch die Erklärung dokumentieren, dass das Sterbenlassen nicht in ihrem Namen geschieht.“ Bei der Seebrücke handelt es sich um eine internationale Solidaritätsaktion, die 2018 als Reaktion auf die Blockade privater Rettungsschiffe gegründet wurde, und die immer wieder durch Aktionen und Kundgebungen Schlagzeilen macht. Zuletzt rief die Seebrücke unter dem Eindruck der Verhaftung von Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete zu einem Protesttag am 06.07.2019 unter dem Motto „Notstand der Menschlichkeit“ auf. Deutschlandweit gingen an dem Tag Zigtausende für eine humane Migrationspolitik und gegen die Kriminalisierung der Seenotretter auf die Straße. Auch in Ingolstadt fand eine spontane Kundgebung am Vorplatz der Franziskanerkirche statt.
Der Forderung der Seebrücke „Schafft sichere Häfen!“ sind bereits 70 Städte in ganz Deutschland gefolgt. In Bayern haben sich bisher Regensburg, Erlangen und Aschaffenburg zu solidarischen Städten erklärt.