Lebenslänglich gefordert

(ir) Staatsanwaltschaft beantragt Verurteilung wegen Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

Im sogenannten „Köschinger Doppelmordprozess“ vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Ingolstadt wurden heute die Plädoyers gehalten.
Dabei waren sich die verfahrensbeteiligte Staatsanwaltschaft, die Nebenkläger und die Verteidigung darin einig, dass der 69-jährige Angeklagte am 18. September vergangenen Jahres seinen Schwiegersohn und seine Tochter erschossen hat. Der Staatsanwalt sprach aufgrund der Feststellungen des ballistischen Gutachtens hinsichtlich des Schwiegersohnes davon, dass dieser "durch den Angeklagten regelrecht hingerichtet" worden sei.

Die Verteidigung mahnte zwar zur Vorsicht mit dem Begriff der Hinrichtung, plädierte aber ebenfalls auf eine Verurteilung - allerdings zu einer "zeitigen Freiheitsstrafe" wegen zweifachen Totschlags.

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf eine Verurteilung wegen Mordes hinsichtlich beider getöteter Personen. Der Schwiegersohn war zur Tatzeit 35 und die Tochter des mutmaßlichen Täters war zur Tatzeit 39 Jahre alt. Die Staatsanwaltschaft sah es daher als erforderlich an, in der Konsequenz eine lebenslange Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten zu verhängen.

Der geforderte Ausspruch wegen "Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen" begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass der Angeklagte bei der Tötung jeweils das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt habe, also unter bewusster Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der beiden Personen gehandelt habe. Es habe zwar zwischen den Beteiligten im Vorfeld Streitigkeiten gegeben. So habe kurz vor den tödlichen Schüssen der Schwiegersohn dem Angeklagten auch noch den Vogel gezeigt. Laut des Verteidigers war es in dem länger währenden Konflikt "der Tropfen, welcher beim Angeklagten das Fass zum Überlaufen gebracht" habe. Allerdings ließ nach der Einschätzung des Staatsanwalts dies nicht die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer entfallen. Der Angeklagte habe sich nämlich daraufhin zunächst zurückgezogen, habe seine Waffe aus dem Keller geholt und sei dann zum Anwesen der Getöteten zurückgekehrt, um bei Erscheinen des Schwiegersohnes die verdeckt mitgeführte Waffe überraschend zu ziehen und sofort auf den Schwiegersohn das Feuer zu eröffnen. Er habe ihn in die Wohnung verfolgt und dort weitere tödliche Schüsse gegen ihn angebracht - auch aus kurzer Distanz. In der Wohnung traf der Angeklagte dann auf seine Tochter. Ob der Angeklagte gewusst habe, dass die Tochter im Haus ist, könne laut des Staatsanwalts dahinstehen. Zur Verwirklichung des Mordmerkmals der Heimtücke bedürfe es nach der Rechtsprechung nämlich keines Tatplanes. Es genüge, wenn der Angeklagte die dort bestehende Arg- und Wehrlosigkeit zur Tötung ausnutze. Unabhängig davon sah der Staatsanwalt bei der Tötung der Tochter auch das Mordmerkmal "zur Ermöglichung einer anderen Straftat" als erfüllt an. Die Beweisaufnahme hätte nämlich den Ausruf der Tochter "nicht weitermachen" während der Schussabgaben bestätigt. Offenbar seien es die weiteren zunächst gegen den Schwiegersohn gerichteten Schüsse gewesen, die die Tochter unterbinden wollte. Dadurch, dass der Angeklagte daher auch die Tochter erschoss, sei es ihm erst möglich gewesen, die Tötung gegen den Schwiegersohn zu vollenden.

Die Nebenklage ging beim Angeklagten zudem vom Vorliegen des Mordmerkmals der "sonstigen niedrigen Beweggründe" aus.

Der Verteidiger sah ein Mordmerkmal nicht als erfüllt an. Aufgrund vorangehender gegenseitiger Provokationen, einer installierten Überwachungskamera und Äußerungen der Getöteten schon weit vor dem Vorfall wie "Angst vor dem Vater", "wir trauen uns nicht mehr aus den eigenen vier Wänden", würden die Heimtücke ausschließen. In diesem Familiendrama gebe es - so der Verteidiger - letztlich nur Opfer - "auch der Angeklagte sei Opfer, da dieser ein Leben lang unter dem Verlust der Tochter leiden werde".

 

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