(ir) Oberbürgermeister Christian Lösel hat zusammen mit Stadtbaurätin
Renate Preßlein-Lehle und Gartenamtsleiter Ulrich Linder den diesjährigen „Baum
des Jahres“, die Winter-Linde, gepflanzt.
Die Winter-Linde –
botanisch Tilia cordata – ist ein nahezu in ganz Europa beheimateter Laubbaum,
der mit einer Höhe von bis zu 25 Metern und einem Stammumfang von über sechs
Metern an die 1.000 Jahre alt werden kann. Als eine der häufigsten Baumarten
Deutschlands reicht ihr natürliches Verbreitungsgebiet bis in eine Höhe von rund
1.200 Meter über Normalnull (NN).
Aufgrund ihrer Genügsamkeit und Robustheit – sie
ist absolut Formschnittverträglich und wird nur selten von Krankheiten oder
Schädlingen befallen – findet sie aber auch in gestalteten Grünflächen große
Beachtung. Ob als Alleebaum, als geschnittene Pergola im Hausgarten oder in
historischen Parkanlagen genauso wie als stattlicher Einzelbaum auf Dorfplätzen.
Zu erkennen sind Linden an ihrer allgemeinen Herzform: herzförmige
Blätter, herzförmiges Wurzelsystem und verkehrt-herzförmige Kronen mit aufwärts
strebenden Ästen, die im Herbst ein leuchtendes Gelb annehmen. Sie besitzt
rundlich-herzförmige Blätter mit einer glatten, unbehaarten Unterseite und
unbehaarten Trieben und auch bei den Blüten- und Fruchtständen gibt es klare
Erkennungsmerkmale: Sie trägt fünf bis zwölf gelbgrüne Blüten je Trugdolde und
die kleinen, gestielten Nüsschen lassen sich zwischen den Fingern zerdrücken.
Die Verbreitung der einzelnen Nüsschen erfolgt über ein Tragblatt und
den Wind, der die Früchte bis zu 150 Meter vom Mutterbaum entfernt zu einem
neuen Standort befördert. Zuvor bestäubt werden die Blüten durch Insekten; vor
allem Bienen und Hummeln folgen dem charakteristischen Honigduft und sind
dankbare Abnehmer für die späte Nahrung im Juli, wenn die meisten anderen Bäume
und Blumen bereits verblüht sind. Hierdurch und die bis in den Winter
hineinreichende Fruchttragzeit ergibt sich die besondere ökologische Bedeutung
der Winter-Linde, die auch im weiteren Jahresverlauf u.a. für Kleinsäuger, Vögel
und Pilze gleichermaßen Nahrung bietet wie Lebensraum darstellt.
Für den
Menschen hat die Winter-Linde ebenfalls einiges anzubieten. Nicht nur der von
den Bienen produzierte Lindenblütenhonig, sondern der gesamte Baum findet seit
Jahrhunderten zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten. Die Blätter galten lange Zeit
als Tabak-, die Samen als Kaffeeersatz, der Rindenbast wurde zu Schnürsenkeln
oder Taschen verarbeitet. Das hellbraune bis rötliche, leichte und vor allem
nicht splitternde Holz ist Grundstoff für zahlreiche Handwerkskünste – bei der
Fertigung von Instrumenten wie Gitarren genauso wie bei der Marionetten- und
Ikonenschnitzerei. Nahezu alle Altarfiguren in Kirchen sind aus Lindenholz
gefertigt, weshalb es oft auch als „Heiligenholz“ bezeichnet wird. Und auch der
Name „Linde“ soll vom weichen, biegesamen (= linden) Holz herrühren.
Autobesitzer, denen manchmal an warmen Frühlings- und Sommertagen der aus der
Krone tropfende Honigtau auf den Magen schlägt, ist ein Lindenblütentee zu
empfehlen – der soll nämlich nicht nur eine blutreinigende und krampflösende
Wirkung haben, sondern auch den Magen und die Abwehrkräfte stärken. Und zur
zusätzlichen Beruhigung: das Zuckergemisch auf dem Auto lässt sich ganz leicht
mit Wasser entfernen. Als Alternative bietet sich der nächste Biergarten an,
denn neben Orten, wie die schwäbische Stadt Lindau am Bodensee, und Familien,
wie der berühmte Pflanzensystematiker Carl von Linné, tragen auch über 1.000
deutsche Gasthäuser den Begriff „Linde“ im Namen. „Zur Linde“, „Unter den
Linden“ lässt es sich in netter Gesellschaft dann sicherlich noch viel besser
entspannen. Und das wussten auch schon unsere Vorfahren, als sie unter
Dorflinden ratschten, neben Gerichtslinden Urteile sprachen, im Schatten der
Kirchlinde heirateten, denn bei so viel Herzförmigkeit liegt der Gedanke
schließlich nahe und anschließend unter den Wipfeln der Tanzlinde feierten.