Der ehrenamtliche Katastrophen- und Bevölkerungsschutz des Regionalverbands Oberbayern der Johanniter-Unfall-Hilfe traf sich am vergangenen Wochenende zur großangelegten Übung.
(ir) Einmal im Jahr finden sich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der oberbayerischen Johanniter zu einem umfangreichen Übungswochenende zusammen, um gemeinsam in Realsituationen den Ernstfall zu proben. Zahlreiche Mitglieder der Ortsverbände Allershausen, Peißenberg und Puchheim treffen sich beim veranstaltenden Ortsverband Ingolstadt, um sich gemeinsam zum diesjährigen Fokus „Taktische Einsatzlagen“ fortzubilden. Nach differenzierten Workshops und Vorträgen zu Themen wie „Lebensbedrohliche Einsatzlagen“ geht es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum praktischen Teil über: Auf dem Übungsplatz der Pioniere am Auwaldsee hat sich ein Unfall mit knapp 20 Verletzten ereignet. Folgendes Szenario wurde dargestellt: Der Fahrer eines Golfs erleidet einen Herzinfarkt und fährt in eine Menschenmenge, die bei einem gemütlichen Grillabend zusammensitzt. Personen und Bänke werden durch die Luft geschleudert, der Grill verursacht Verbrennungen und eine Gasflasche landet gefährlich nah am Feuer. Menschen liegen am Boden, in Büschen oder unter Bänken, bluten und stöhnen, andere sind bewusstlos oder laufen im Schockzustand umher. Es gibt Hilferufe, Knochenbrüche, offene Wunden und viel Blut. In diesem Szenario kommt das erste Team im Rettungswagen an und muss die Lage in kürzester Zeit beurteilen: Wie schlimm ist die Situation? Wie viele Verletzte gibt es, wie viel Unterstützung wird benötigt? Aber auch die Frage: Wie sicher ist die aktuelle Lage? Immer wieder kommt es zu kleineren Explosionen, Rauch steigt auf.
Vor allem die korrekte Einschätzung der Situation ist das Ziel des diesjährigen Übungswochenendes: Nicht nur die Versorgung und Betreuung der Verletzten ist sicherzustellen, sondern auch die eigene Sicherheit muss bedacht werden. Besonders in potentiell gefährlichen und unübersichtlichen Einsatzlagen ist es wichtig, die Umgebung zu kontrollieren und einen Überblick zu bekommen. Nur so kann die Sicherheit von Patienten und Einsatzkräften garantiert werden. Die Aufgabe des ersten Teams ist es, genau diesen Überblick zu erlangen und die nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen zu koordinieren. Nach und nach wagen sich die Einsatzkräfte vor, Verstärkung rückt an und insgesamt 13 Einsatzfahrzeuge sind schließlich vor Ort. Ein Team baut ein Versorgungszelt auf, das im voll ausgestatteten Gerätewagen Sanität mitgeführt wird, um die Patienten vor Ort betreuen und anschließend auf umliegende Kliniken verteilen zu können. Andere Einsatzkräfte begutachten Verletzte, nehmen eine Unterteilung in Leicht-, Mittel- und Schwerverletzte vor. Die Patienten, gespielt von Mimen mit realistisch geschminkten Wunden, werden entsprechend ihrer Einstufung versorgt. Es herrscht höchste Konzentration, fast könnte man vergessen, dass es sich um ein Übungsszenario handelt. Letztendlich sind alle Patienten versorgt, zwei Personen haben den Unfall nicht überlebt.
Am Ende der Übung stehen die verschwitzten Einsatzkräfte zusammen, Übungsleiter Sven Müller des Johanniter-Ortsverbands Ingolstadt und Sebastian Metzner der Taktischen Einsatzmedizin Metzner geben Feedback. „Wir sind sehr zufrieden mit der Leistung unserer Kolleginnen und Kollegen“, erklärt Sven Müller. „Viele der Teilnehmenden sind noch sehr jung und haben bisher wenig Erfahrung mit Katastropheneinsätzen. Das macht die heutige Leistung noch beeindruckender! Es ist toll zu sehen, wie sich die zusammengewürfelten Teams verständigt haben und die Situation strategisch angegangen sind – ganz wie im Rahmen unserer Übung gefordert.“ Genau dies sei das Ziel der jährlichen Übungen, so Müller. Anschließend wurde die „Unfallstelle“ abgebaut und der Konvoi der Einsatzfahrzeuge macht sich auf den Weg zurück zum Zeltlagerplatz des Stadtjugendrings, wo nicht nur Schlafstätten, sondern auch Workshop-Räumlichkeiten aufgebaut sind. Der Abend wird mit einem gemeinsamen Essen und Lagefeuer abgeschlossen, am zweiten Tag folgen Frühstück, ein weiterer Workshop und gemeinschaftlicher Abbau. Die ehrenamtlichen Johanniter fahren mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen nach Hause und wissen nach diesem Wochenende noch einmal mehr, wie sie in besonders schwierigen Einsätzen reagieren und handeln müssen – um nicht nur die Patienten, sondern auch sich selbst und ihre Teams zu schützen.