Wenn es ums wirtschaftliche Überleben geht



Interview mit Reinhard Sparkassen-Firmenkundenvorstand Reinhard Dir.

(ir) Die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt erkennt ihre Verantwortung und unterstützt in der Coronakrise.

INGOLSTADT-REPORTER führte ein Interview mit Sparkassen-Firmenkundenvorstand Reinhard Dir:

INGOLSTADT-REPORTER: Die Corona-Krise ist nicht nur eine existenzielle Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem, sondern auch für viele Unternehmen.
Reinhard Dirr: Es stimmt, nicht für alle, aber für sehr viele Unternehmen geht es aktuell um das wirtschaftliche Überleben. Besondere Probleme haben diejenigen, die als Kleinunternehmer bisher von ihren wöchentlichen Einnahmen gelebt haben oder als größeres Unternehmen schon vor der Corona-Krise besondere wirtschaftliche Herausforderungen hatten. Wir stellen einen immensen Beratungsbedarf der Unternehmen und Selbstständigen fest. Verschiedene Förderprogramme von Bund und Land, KfW oder LfA-Mittel stehen dabei zur Verfügung. Bis 2. April 2020 wurde bereits eine Corona bedingte Kreditsumme von rund 7,6 Millionen Euro an unsere Firmenkunden zusätzlich ausgereicht.

INGOLSTADT-REPORTER: Es gibt Kritik aus Teilen der Politik und auch von Wirtschaftsverbänden, die Hausbanken würden nicht schnell genug handeln
Reinhard Dirr: Für uns alle ist das eine Ausnahmesituation. Auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten unter extremen und außergewöhnlichen Bedingungen. Aber ich verstehe, dass es für einen Unternehmer, der schnell Geld braucht, nie schnell genug gehen kann. Bei den Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbstständigen hat man sich politisch entschieden, die vorgesehenen und nicht rückzahlbaren Direktzuschüsse über die Regierung von Oberbayern zu vergeben. Bei den bayerischen Sparkassen gibt es darüber hinaus bis heute bereits über 12.000 Tilgungsaussetzungen mit einem Stundungsbetrag von insgesamt über 80 Millionen Euro. Diese Sofortmaßnahmen der Sparkassen schaffen bereits unabhängig von den Förderkreditprogrammen Liquidität. Sie führen dazu, dass Anträge auf Förderkredite an die LfA und die KfW sorgfältig vorbereitet werden können und die dazu den Sparkassen zwingend auferlegte Kreditrisikoprüfung beschleunigt, aber sorgfältig durchgeführt werden kann.

INGOLSTADT-REPORTER: Was macht die Sparkasse Ingolstadt Eichstätt?
Reinhard Dirr: Als Sparkasse Ingolstadt Eichstätt haben wir mit einer Sofortmaßnahme zur Liquiditätsunterstützung reagiert. Wir bieten auf unserer Homepage im Bereich Firmenkunden die Möglichkeit, unkompliziert die Aussetzung von Tilgungsleistungen für bestehende Darlehen zu beantragen. Bereits am 13. März 2020 habe ich im Rahmen eines gemeinsamen Arbeitskreises mit der Stadt Ingolstadt Tilgungsaussetzungen für die von der Corona-Krise Betroffenen in Aussicht gestellt. Am 17. März 2020 haben wir dann im Vorstand die Tilgungsaussetzungen für unser Haus beschlossen und standen somit als einer der ersten - weit vor staatlichen Hilfs- und Unterstützungsleistungen – unseren Kunden mit einem konkreten Hilfsangebot zur Seite. Kleingewerbetreibende werden mittlerweile überwiegend durch unsere BusinessLine betreut und beraten. Stellt ein Gewerbetreibender hier einen Kreditantrag, wird dieser aufgrund der momentanen Situation bei einer Ablehnung ergänzend durch eine neu geschaffene zweite Instanz, einer sogenannten „Task Force“ bewertet. Diese stellt sicher, dass diese Anträge im Rahmen der kompletten Bandbreite, vertretbarer und zulässiger Risikobewertungen zu einer für alle Beteiligten vernünftigen Krediteinschätzung hinsichtlich der Vergabe, führen. Dies geschieht binnen 48 Stunden. Damit sind wir relativ flott und um eine wohlwollende wie vertretbare Entscheidung bemüht. Auch, wenn wir die Entscheidungskriterien bis zu einem vertretbaren Risiko ausreizen, können durchaus Anträge abgelehnt werden. Zum Beispiel dann, wenn Indikatoren bereits schon vor der Corona-Krise gegen ein Kreditengagement gesprochen haben oder keine ausreichende Kapitaldienstfähigkeit gewährleistet ist. Diese Prüfungskriterien gelten zum Beispiel auch bei LfA-Krediten. Hier sind wir verpflichtet, Prüfungen vorzunehmen und damit nur ein vertretbares Risiko in Kauf zu nehmen, auch wenn ein Ausfall mit 90 Prozent durch den Staat übernommen wird.

INGOLSTADT-REPORTER: Das sind die Kleingewerbetreibenden. Was ist mit den Großunternehmen?
Reinhard Dirr: Selbstverständlich ist auch bei den Großunternehmen eine qualifizierte Betrachtungsweise durch unsere Führungskräfte und auch mich sichergestellt. Auch hier werden wir in die Presche springen und den Unternehmern unserer Region unter die Arme greifen und sie im Rahmen all unserer Möglichkeiten bestens unterstützen. Allerdings möchte ich anmerken, meines Erachtens ist der öffentliche Fokus derzeit etwas schief. In den meisten Fällen richtet sich das vordringliche Interesse der Unternehmen auf den Umgang mit bestehenden Krediten. Erst in zweiter Linie geht es derzeit um die Aufnahme neuer (Förder-)Kredite. In vielen Fällen konnte die Sparkasse Ingolstadt Eichstätt anfragenden Unternehmen bereits im Rahmen einer sparkasseneigenen Soforthilfe und ohne Inanspruchnahme staatlicher Programme unmittelbar helfen, meist durch Tilgungsaussetzungen.



INGOLSTADT-REPORTER: Aber dauern die Kreditbearbeitungen bei den Hausbanken nicht zu lange?
Reinhard Dirr: Die erste wichtige Botschaft steckt schon in Ihrer Frage: Die meisten staatlichen Programme sind Kreditprogramme, keine Zuschüsse. Damit ist eine Kredit- und Risikoprüfung zwingend erforderlich und rechtlich vorgegeben. Aber selbstverständlich werden wir bei aller Regulatorik und allen gesetzlichen Anforderungen bis an die Grenze gehen und ich zitiere hier gerne Bundesfinanzminister Olaf Scholz, auch in der Bearbeitung mal alle Fünfe gerade sein lassen – das kann ich unseren Kunden versprechen.

INGOLSTADT-REPORTER: Was kann getan werden, um die staatlichen Programme noch effektiver zu gestalten?
Reinhard Dirr: Wir würden gerne alles noch weiter beschleunigen. Vieles wird oftmals durch sehr hohe Hürden der Regulatorik ausgebremst, die wiederum in ihrer jetzigen Ausprägung, eine Folge der Finanzkrise ist. Wir waren als Regionalbank nicht direkt von der Finanzkrise betroffen und haben anerkannt stabilisierend gemeinsam im Sparkassenverbund für die deutsche Finanzwirtschaft gewirkt. Trotz dieser Erfahrung aus der Krise waren wir in der Folgezeit überproportional von den Regulierungsmaßnahmen für den Bankenmarkt betroffen, weil sich diese in der Regel nicht an Regionalbanken, sondern an internationalen Großbanken orientiert haben. Wir haben uns darauf gut eingestellt und sind auch heute trotz dieser Belastung feste Partner für unsere Kunden. Erleichterungen bei den aufsichts- und kreditrechtlichen Vorschriften für die Kreditvergabe wären eventuell ein möglicher Weg schneller und effektiver zu werden.

INGOLSTADT-REPORTER: Jetzt haben wir vor allem über Unternehmen gesprochen, aber was ist mit privaten Kreditnehmern?
Reinhard Dirr: Die Sparkasse Ingolstadt Eichstätt hat, wie übrigens alle deutschen Sparkassen, seit dem 26. März 2020 für Privatkunden eine Aussetzung von Zins- und Tilgungsleistungen für die Monate April bis Juni für Kunden umgesetzt, die Corona-bedingt Einnahmeausfälle haben und auch auf anderem Wege nicht zahlen können. Da wir unseren Kunden vertrauen, dass sie dieses Instrument nicht missbrauchen, können die Kunden selbst in unserer Internetfiliale die Aussetzung automatisch veranlassen. Wie bereits erwähnt habe ich die Möglichkeit von Tilgungsaussetzungen bereits am 13. März 2020 im Rahmen eines Arbeitskreises mit der Stadt in Aussicht gestellt und am 17.03. war unser Haus handlungsfähig. Unsere Kunden, Privat- wie Firmenkunden, haben seit diesem Zeitpunkt die Möglichkeit eine Tilgungsaussetzung, formlos über ihren Berater zu beantragen. Uns ist bewusst, dass die Krise eben auch viele private Haushalte, die zum Beispiel unter Kurzarbeit zu leiden haben, betrifft. Von der Möglichkeit Tilgungsaussetzungen zu nutzen, haben bis 1. April 2020, rund 750 Personen Gebrauch gemacht – davon entfallen in etwa auf Privatkunden 80 Prozent. Mit allen diesen Maßnahmen nimmt die Sparkasse ihre öffentliche Verantwortung umfassend wahr. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit extrem hart. Wir tun, was möglich und verantwortbar ist.

INGOLSTADT-REPORTER: Markus Söder sagte, „Die Banken stehen sehr in der Pflicht“ - sie seien in der Finanzmarktkrise auch gerettet worden, jetzt erwarte er von den Hausbanken, dass sie helfen. Wie sehen Sie das?
Reinhard Dirr: Zunächst einmal möchte ich den Bundes- und Landespolitikern ein wertschätzendes Kompliment machen. Sie beweisen im Moment in der größten Herausforderung und Krise in Nachkriegsdeutschland, dass sie gemeinsam zusammenstehen, Entscheidungen zu unser aller Wohl treffen und persönliche Befindlichkeiten und Parteivorstellungen zurückstellen. Ich bin begeistert in welch kurzer Zeit und in welchem Umfang Hilfspakete auf den Weg gebracht wurden. Das zeigt mir, wenn es darauf ankommt ist auf alle in unserem Land Verlass. So wie sich auch unsere Kunden auf uns verlassen können. Selbstverständlich ist es auch in unserem eigenen Interesse, die Unternehmen und die regionale Wirtschaft in unserem Geschäftsgebiet zu stärken. Auch während der Finanzkrise haben wir als Sparkasse Ingolstadt Eichstätt, wie alle Sparkassen geholfen. Hier möchte ich auch insbesondere den genossenschaftlichen Bankenverbund einschließen, die gemeinsam mit uns die Krise geschultert haben. Auch dieses Mal sind wir als Hausbank des Mittelstandes an der Seite unserer Kunden.



INGOLSTADT-REPORTER: Mancherorts wurde Kritik geübt, dass „nur“ 90 Prozent beziehungsweise 80 Prozent des Kreditrisikos durch die LfA beziehungsweise KfW übernommen werden – teilen Sie diese Kritik?
Reinhard Dirr: Nein, wir stellen bei unseren Kreditentscheidungen maßgeblich auf die Bonitäten 2019, das heißt vor dem Ausbruch der Corona-Krise. Dabei unterstellen wir, dass die Kapitaldienstfähigkeit in 2021 wieder weitgehend hergestellt ist. Daher kommen wir mit der Haftungsübernahme von 80 Prozent beziehungsweise 90 Prozent sehr gut zurecht.

INGOLSTADT-REPORTER: Wie sehen Sie die Gefahr vom Ausverkauf von deutschen Unternehmen an der Börse durch die aktuelle Schwäche?
Reinhard Dirr: Die Gefahr darf nicht unterschätzt werden, die temporäre Schwäche könnte dazu führen, dass es zu Übernahmen kommt, ich möchte nicht zwingend von einem Ausverkauf sprechen. Die Corona-Krise hat zu einem deutlichen Wertverlust deutscher Unternehmen an den Aktienmärkten geführt. Gleichzeitig werden die Finanzmärkte mit billigem Geld geflutet, was unter Umständen ausländische Investoren auf den Plan ruft. Ein langsam aus der Corona-Krise kommendes China oder angelsächsisch geprägte Investmentgesellschaften sind sicherlich an deutschen Unternehmen interessiert, die aufgrund der aktuellen Lage an der Börse als unterbewertet gelten. Durchaus gibt es ja Überlegungen in der Politik hier einen Riegel vorzuschieben. Das muss gut überlegt und mit Fingerspitzengefühl gemacht werden, eine Aussetzung von Marktmechanismen darf in absoluten Krisenzeiten ein Mittel sein, um Schlüsseltechnologien und systemrelevante Unternehmen nicht zu verlieren.

Als Finanzpartner mittelständischer Unternehmen bietet das FirmenkundenCenter der Sparkasse Ingolstadt Eichstätt ein umfassendes und lückenloses Finanzangebot. Betreut werden rund 3.300 gewerbliche Kunden mit einem Volumen von über drei Milliarden Euro. Zukunftsorientierte Unternehmen und Existenzgründer profitieren ebenso wie eingesessene Firmen von tiefgreifender Erfahrung, örtlicher Nähe und internationaler Kompetenz einer starken Finanzgemeinschaft.

Die Ausleihungen im FirmenkundenCenter betragen derzeit über 2 Milliarden Euro, das Kundengeschäftsvolumen (Kredite, Einlagen, Depotwerte) im FirmenkundenCenter 3,25 Milliarden Euro.

Die BusinessLine der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt ist von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr unter der Telefonnummer (08 41) 3 04-40 10 erreichbar.