Kurzarbeit auf nie dagewesenem Höchststand



2020 war ein außergewöhnliches Jahr für den Arbeitsmarkt in Ingolstadt.

(ir) „Zu Beginn des Jahres 2020 zeigte sich der regionale Arbeitsmarkt noch stabil. Erkennbar war zwar, dass der Strukturwandel in der Automobilindustrie Veränderungen mit sich bringt, insgesamt konnten wir aber doch von weitgehend guten Rahmenbedingungen ausgehen. Mit dem Ausbruch von COVID-19 änderte sich dies grundlegend. Der jahrelange Anstieg der Erwerbstätigkeit und der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erreichte seinen Zenit, die Arbeitslosigkeit nahm als Folge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie stark zu und die Kurzarbeit erreichte ein historisches Niveau.



Umfangreiche Stabilisierungsmaßnahmen, insbesondere die Zahlung von Kurzarbeitergeld, trugen dazu bei, die negativen Auswirkungen zu mildern“, fasst Johannes Kolb, Leiter der Agentur für Arbeit Ingolstadt, die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Agentur- und Stadtgebiet Ingolstadt für das vergangene Jahr zusammen.



Nach vielen Jahren des Anstiegs sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse innerhalb der Stadtgrenzen Ingolstadts ist für 2020 ein Rückgang zu verzeichnen. 104.462 Personen und damit insgesamt 3.069 weniger als ein Jahr zuvor waren zum Stichtag Ende Juni in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Diese Entwicklung stellt sich für die einzelnen Branchen allerdings sehr unterschiedlich dar. Während die Arbeitnehmerüberlassung, die Metall- und Elektroindustrie sowie das Gastgewerbe hiervon deutlich betroffen sind, beschäftigen das Gesundheitswesen, die öffentliche Verwaltung, das Baugewerbe und der Bereich Erziehung und Unterricht mehr Personen als vor einem Jahr.



Die Arbeitslosigkeit hat 2020 infolge der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. Der Aufwuchs erklärt sich insbesondere dadurch, dass es weniger Personen gelungen ist, ihre Arbeitslosigkeit durch Beschäftigungsaufnahme zu beenden. Jahresdurchschnittlich waren im vergangenen Jahr 3.110 Menschen arbeitslos gemeldet. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 731 beziehungsweise 30,7 Prozent.



Im Schnitt pendelte sich die Arbeitslosenquote 2020 bei 3,8 Prozent ein, 0,9 Punkte mehr als in den beiden Jahren davor – nach wie vor der beste Wert einer deutschen Großstadt.
„Der Anstieg fand weit überwiegend im Bereich der Arbeitslosenversicherung statt, hier nahm die Durchschnittszahl der von Arbeitslosigkeit Betroffenen von 1.173 im Jahr 2019 auf 1.719 im Jahr 2020 zu, während im Bereich der steuerfinanzierten Grundsicherung die durchschnittliche Arbeitslosigkeit von 1.207 auf 1.391 anwuchs“, erläutert der Agenturchef.
Insgesamt meldeten sich im vergangenen Jahr 9.673 Menschen neu oder erneut arbeitslos, 229 weniger mehr als im Jahr davor. Dem gegenüber beendeten 8.988 ihre Arbeitslosigkeit, 910 weniger als 2019.



Die negativen Folgen der Pandemie spiegeln sich stark bei Zugang und Bestand an offenen Stellen wider. Wurden den Vermittlungsfachkräften der Agentur für Arbeit Ingolstadt 2019 noch insgesamt 4.087 vakante Arbeitsplätze zur Besetzung gemeldet, waren es 2020 nur noch 2.718, was einem Minus von 33,5 Prozent entspricht. Jahresdurchschnittlich konnten Arbeitssuchende im vergangenen Jahr auf 1.226 Beschäftigungsmöglichkeiten zurückgreifen, ein Jahr davor waren es noch 1.673.
„Die Nachfrage nach Arbeitskräften war über das gesamte Jahr 2020 sehr verhalten. In erster Linie ging es in den Unternehmen darum, eingearbeitetes Personal nicht freisetzen zu müssen“, so Johannes Kolb weiter.



Die Kurzarbeit erreichte 2020 einen nie dagewesenen Höchststand. Ab dem ersten Lockdown Mitte März bis Jahresende zeigten im Stadtgebiet Ingolstadt insgesamt 1.950 Betriebe Arbeitsausfälle für 74.262 Beschäftigte an. Zum Vergleich: ein Jahr davor nahmen dieses Instrument 28 Unternehmen für rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Anspruch – eine Steigerung um etwas weniger als 6.900 (!) Prozent.
„Um Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitslosigkeit zu vermeiden, gibt es zur Gewährung von Kurzarbeit keine Alternative“, versichert der Agenturleiter.



Den größten Posten bei den Jahresgesamtausgaben 2020 der Agentur für Arbeit Ingolstadt bildet mit Abstand das Kurzarbeitergeld. Insgesamt 263,56 Millionen Euro (Kurzarbeitergeld plus Sozialversicherungsbeiträge) wurden in der Region 10 eingesetzt, um den Folgen der Pandemie entgegenzuwirken und einem weitaus stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Arbeitslosengeld wurde in 2020 im gesamten Agenturbezirk in Höhe von 98,05 Millionen Euro (inklusive Sozialversicherungsbeiträge) ausgezahlt. Ein Jahr davor waren es noch 66,83 Millionen Euro.



16,3 Millionen Euro investierte die Arbeitsagentur in Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung, wie beispielsweise Weiterbildung, Eingliederung, Gründungszuschüsse und Leistungen für Jugendliche. Für den Bereich der beruflichen Rehabilitation beliefen sich die Leistungen auf 13,37 Millionen Euro.